Das Bier der Weinmacher

Das Burgenland war bisher ein nahezu weißer Fleck auf der Brauerei-Landkarte. Das hat sich ein bisschen geändert.

Das Bier der Weinmacher

Text von Florian Holzer Foto: beigestellt
16.000 Hektar Rebfläche, die mitunter besten Süßweine der Welt, Heimstatt eines nie für möglich gehaltenen österreichischen Rotweinbooms und nicht zuletzt Herkunft von Chardonnays, die nicht nur im österreichischen Spitzenfeld liegen, sondern auch im Rest der Welt für ziemliche Begeisterung sorgen. Keine Frage, das Burgenland ist ein Weinland.
Und gar kein Bier? Kaum, denn auch wenn der Bierkonsum im Burgenland mit knapp 80 Liter pro Kopf und Jahr nur etwa die Hälfte des Salzburger oder Tiroler Verbrauchs darstellt, ist er doch nicht gerade eine zu vernachlässigende Größe. Die bisher aber hauptsächlich von außerburgenländischer Ware abgedeckt wurde. Erst 1990 wurde in Eisenstadt die erste Gasthausbrauerei des Bundeslandes eröffnet, das Haydn-Bräu. Vier verschiedene Biere braut Jochen Lehner hier, ein Zwickel, ein Helles, ein Dunkles und je nach Saison ein Spezialbier. Mit 200 hl sei seine Anlage für eine Gasthausbrauerei eigentlich fast schon zu groß, meint Jochen Lehner, der Verkauf abgefüllten Bieres an Touristen sei allerdings durchaus ein Faktor.
Voriges Jahr eröffnete mit dem "Ceel" in Rust dann Burgenlands zweite und deutlich kleiner dimensionierte Kleinbrauerei: Isabella Berger, davor bei Römerquelle tätig, machte hier aus einem kleinen Lokal – das sich in der mittelalterlichen Stadtmauer der Ausbruch-Freistadt befindet und das einige Zeit vom Ivan-Rebroff-Pianisten geführt wurde – ein modern gestyltes Brew-Pub, aus dessen Miniatur-Brauanlage ein braves Helles sowie ein vollmundiges dünkleres Bier gewonnen und primär vor Ort ausgeschenkt werden.
Das ambitionierteste Brauprojekt der burgenländischen Gegenwart startete allerdings vor drei Jahren, als sich nämlich der Golser Getränkegroßhändler Harald Sautner mit dem Gedanken anfreundete, eigenes Bier zu brauen. Er suchte zu diesem Zweck eine alte Brauerei (aus ge-schäftlichen Überlegungen, nicht um den Spirit der Brauerei nach Gols zu transferieren), fand sie in Bayern, ließ sie dort voriges Jahr demontieren und dann in einer seiner Hallen am nördlichen Rand von Österreichs größtem Weinbauort wieder aufbauen. Die Komissionierung war bei Redaktionsschluss gerade noch im Gange, zukünftig sollen hier nämlich auch Führungen und eine Art Brauereimuseum das Publikum davon überzeugen, dass in Gols Wein nicht alles ist. Mit einem potenziellen Ausstoß von 50 hl pro Sud ist die Anlage natürlich eher klein dimensioniert, die Idee und das Projekt seien aber generell noch am Wachsen, erklärt Holger Neuberger von der für Marketing und Wer-bung zuständigen Agentur "zweischrittweiter". Braumeister als solchen gibt es keinen, Sautner erstellte sich seine Rezep-turen nach Rücksprache und Beratung mit diversen befreundeten Brauern und nach eigenen Vorstellungen, die Abfüllung in die Flaschen mit Bügelverschluss findet ebenfalls bei diversen Fremdbrauereien statt.
Derzeit werden drei Biertypen gebraut, ein eher leichteres, attraktives Märzen mit überdurchschnittlich deutlichem Hopfenton (0,3-Liter-Flasche mit Twister-Verschluss), ein eher neutrales Helles mit zarter Hopfenbitteren im Abgang (Bügel- flasche) und ein extrem trübes, recht helles Hefeweizen mit fulminanter Perlage und sehr intensiven Hefetönen (Bügelflasche). Dass die Golser Starwinzer das Golser Bier zwecks Verkostungs-Reparatur im Kühlschrank stehen haben, ist nicht nur der Wunsch, sondern auch der Plan von Holger Neuberger, mit der Pannobile-Gruppe gäbe es jedenfalls schon einige Kooperationen und Gernot Heinrich persönlich sorgte sogar schon einmal für eine Bierbeschreibung. Ein anderes Bierprojekt mit nicht unwesentlicher burgenländischer Beteiligung findet seit kurzem in einem anderen Bundesland statt, und zwar in Salzburg, wo vergangenen Herbst im ehemaligen Gusswerk außerhalb Salzburgs ein neuartiges Braulokal namens "Brauhaus Gusswerk" entstand: In einer eindrucksvollen Halle wird hier gleichzeitig Bier gebraut und ausgeschenkt, allerdings eben nicht einfach irgendein Bier, sondern ein nach bio-dynamischen Richtlinien gebrautes und nach Demeter zertifiziertes. Die Getreidezutaten dafür liefert die Familie Michlits aus Pamhagen, die dort nicht nur das aufsehenerregende biodynamische Weingut "Mein-klang" führt ("Graupert", St. Lauent in überdimensionalen Betoneiern ausgebaut …), sondern auch eine gleichermaßen zertifizierte Viehzucht und Landwirtschaft. Auch beim Brauvorgang bleibt man den bio-dynamischen Richtlinien treu, verzichtet somit auf Wasseraufbereitung und züchtet und vermehrt auch einen eigenen natürlichen Hefestamm. Abgesehen davon wird die Stammwürze beim "Brauhaus Gusswerk" auch nicht nur aus Gerste und Weizen gewonnen, sondern auch aus den Urgetreiden Einkorn, Dinkel und Emmer, die in eigenen Chargen in der oberösterreichischen Biomälzerei Plohberger gemälzt werden. Beim Hopfen muss man einstweilen noch auf handelsüblichen Biohopfen zurückgreifen, der frühere Braumeister im Wiener "Stiegl-Bräu" und nunmehrige Brauhaus-Gusswerk-Macher Reinhold Barta ließ den biodynamischen Aromahopfen aber schon pflanzen.
Das konnte nicht ohne Folgen bleiben: Das Brauhaus erhielt vergangenes Jahr den "Best of Bio Award" und wird als erste biodynamische Brauerei der Welt geführt. Das Bier mit dem Namen "Edelguss" ist eine Art Zwickel mit besonders starken Getreide-noten. Gerste, Dinkel und Einkorn werden dafür verbraut, das Bier ist nicht nur sehr trüb, sondern lässt auch eine ordentliche Portion Bodensatz in der Flasche zurück, es schmeckt überaus intensiv, die milde Hopfenbittere ist gut eingebunden. Das bernsteinfarbene "Weizenguss" erweist sich als besonders schönes, keineswegs vordergründiges Hefeweizen mit sehr fruchtigen, würzigen Aromen, ein Bier, das durchaus auch für Pils-Freunde akzeptabel wirkt, erstaunlich intensiv und lebendig auch hier der Eindruck.
In einer Kooperation mit dem Hanfspezialisten Christian Frenkenberger wird auch noch ein Hanfbier namens "Synergy" gebraut, ebenfalls trüb, allerdings nicht sehr überzeugend.
Übrigens, auf die Frage, welcher Biertyp im heißen pannonischen Burgenland denn eigentlich am besten ankomme, meint Jochen Lehner vom Haydn-Bräu: "Das märzige, süßlichere, schwerere. Leichte, frische Biere trinken bei uns nur die Touristen."