Der Alleskönner

Blaufränkisch bringt die Vielfältigkeit des jeweiligen Terroirs ganz besonders deutlich zum Ausdruck.

Foto von ÖWM / WSNA
Text von Willibald Balanjuk

In der österreichischen Weingeschichte standen sehr lange Cuvées im Scheinwerferlicht der Rotweinkultur. Reinsortige Blaufränkisch-Weine waren selten, und außer dem 1986 Ried Mariental von Ernst Triebaumer waren wenige reinsortige Weine bei Vergleichsverkostungen siegreich. In den Anfängen der 2000er-Jahre versuchten Winzer wie Roland Velich, das Potenzial der Rebsorte international bekannt zu machen. Erste hohe Parker-Punkte sowie neue DAC-Gebiete und -Regeln bringen den Blaufränkisch ins Gespräch. Blaufränkischland wird Mittelburgenland DAC. Leithaberg DAC fokussiert sich auf Blaufränkisch von Kalk und Schiefer und Südburgenland wird Eisenberg DAC. All das verstärkt die Wahrnehmung der Rebsorte im In- und Ausland. Das Alter der Reben und die Entwicklung in der Vinifikation führen zu höheren Bewertungen und einer stärkeren Vielfalt des Herkunftscharakters. Dazu kommt noch die großartige Serie der letzten fünf Jahrgänge, in denen Blau­fränkisch sowohl mit den wärmeren als auch den trockeneren Bedingungen reüssieren konnte.

A la Carte hat die Grand-Cru-Verkostung in fünf Kategorien ausgeschrieben. Die erste Kategorie stellt die fruchtbetonten, klassischen Blaufränkisch aus dem Jahr 2021 dar. Es wurden 34 Weine in dieser wichtigen Kategorie verkostet. Das Niveau der Weine präsentiert sich hoch und homogen. Viele der Weine sind auch von Noten des biologischen Säureabbaus geprägt. Die leichten Fruchtjoghurt-Aromen vermitteln eine harmonische, zart süße Fruchtnote, die vor allem ein frühes Antrinken der Weine erlaubt. Lehm, Kalk und Schiefer prägen diese Weine eher selten, aber die besten Vertreter versuchen, die unterschiedlichen Bodentypen – sofern möglich – zu kombinieren.

Die zweite Kategorie, Blaufränkisch 2021 Reserve Stilistik, war mit 16 Weinen eher gering besetzt. Zum Vorteil für die Weinliebhaber baut die Mehrheit der engagierten Winzer die Weine heute zwischen sechs und zwölf Monate länger aus. Auch dadurch kann der Blaufränkisch seine Stärken besser zeigen. Daher wurden in dieser Kategorie auch viele Fassproben verkostet, die erst gegen Ende des Jahres auf die Flasche kommen.

Der wärmere und trockenere Jahrgang 2020 stand für die Kategorie drei. Hier wurden 60 Blaufränkisch degustiert. Die „usual suspects“ ­haben mit ihren Paradeweinen die Nase vorn. Ältere Reben und strenge Selektion waren in diesem herausfordernden Jahrgang der Schlüssel zum Erfolg. Die Weine präsentieren sich offener als manche 2019er oder 2017er. Die reife Frucht und die balancierte Textur werden von feinen Tanninen abgerundet. Die Mehrheit der Weine ist gut antrinkbar und wird sich in den kommenden fünf Jahren wunderbar entwickeln.

In der vierten Kategorie, 2019 Blaufränkisch, waren 111 Weine eingereicht. Hier war die Dichte der Qualität überzeugend. Enorm viele Weine mit 94 oder mehr Punkten unterstreichen das hohe Qualitätsniveau. Dieser Jahrgang erfordert aber auch etwas Geduld. Während 2018 und 2020 eher antrinkbar erscheinen, wirkt der 2019er noch kühl und leicht abweisend. Die Frische, Fruchttiefe, Konzentration und Tanninqualität versprechen aber einen spektakulären Rotweinjahrgang. Viele Weine deuten an, manche zeigen schon mehr. Alle Herkünfte, Bodentypen und Vinifikationsstile offerieren sensationelle Qualitäten. Es war ein Vergnügen, aber auch eine wirkliche Herausforderung, der Qualität der Weine gerecht zu werden. Einzelne 2018er, die erst jetzt auf den Markt kommen, waren durch die lange Fasslagerung besonders elegant und harmonisch. Einzelne 2017er sind durch die längere Flaschenlagerung bereits leicht gereift und präsentieren mit etwas Luft erste Tertiäraromen.

Die fünfte Kategorie, Blaufränkisch geprägte Cuvées, war mit acht Weinen gering besetzt. Die Cuvées der meisten Winzer sind eher Zweigelt-dominant als Blaufränkisch-geprägt. Es gibt natürlich eine größere Anzahl dieses Weinstils, als hier verkostet. Dennoch sind diese Weine außer für einzelne Betriebe zurzeit nicht besonders nachgefragt.

Zusammenfassend bestätigt die A la Carte-Grand-Cru-Verkostung den hohen Stellenwert des Blaufränkisch. Individuell und vielschichtig im Ausdruck, bietet die Rebsorte sowohl als fruchtig-klassischer Rotwein bereits Trinkvergnügen, und als Lagen- oder Reserve-Wein mit längerem Fass­ausbau werden die Aromatiefe und Komplexität der Aromen sehr hochwertig. Durch das dezentere Holzmanagement der Weine präsentiert sich die Rebsorte Blaufränkisch besser als je zuvor. —

Verkostet und bewertet wurden die eingereichten Weine in Zalto-Universalgläsern. Nach der ersten Bewertung durch den Autor wurden die besten Weine der einzelnen Kategorie von einer Verkostungsjury in einer Blindprobe nochmals bewertet.

Jurymitglieder waren Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Kolarik & Del Fabro), Simon Schubert (Sommelier Gasthaus Reznicek), Dragos Pavelescu (Önologe), Philipp Schäffer (Schäffer Weinhandel) und der Autor.

Bewertungen
Kategorie 1: Blaufränkisch Classic 2021
Kategorie 2: 2021 Blaufränkisch Reserve
Kategorie 3: Blaufränkisch 2020
Kategorie 4: Blaufränkisch 2019 und älter
Kategorie 5: Blaufränkisch Cuvées

Sieger d. Kategorie 4
Albert Gesellmann: „Der Wein stammt von unserer besten Lage. Die perfekte Vegetation macht den 2019er einzigartig. Die intensive, vielschichtige Frucht-Expression und die großartige Konzentration versprechen ein Riesenpotenzial.“
© Alex Lang
Sieger d. Kategorie 5
Paul Achs: „Die Riede Altenberg ist die einzige Lage in Gols, die von Muschelkalk geprägt ist. Der relativ steile Hang und der Kalk bringen Frische und Konzentration. Um das zu balancieren, bleibt der Altenberg ein Jahr länger im Fass.“
© Regina Hügli
Sieger d. Kategorie 3
Reinhold Krutzler: „Der Perwolff stammt wie immer vonden alten Reben unserer besten Parzellen. 2020 war am Eisenberg ein von Hagel gekennzeichneter Jahrgang und erforderte ein strenge Selektion der Trauben. Es kamen mehr gebrauchte 500er-Fässer zum Einsatz, um einen eleganten Charakter zu erzielen.“
© Weingut Krutzler
Sieger d. Kategorie 2
Hans Nittnaus: „Die Trauben stammen von alten Reben dieser kühleren Lage am Leithaberg. Der schonende Ausbau in neuen und gebrauchten 500er-Fässern bringt den eleganten Jahrgang 2021 zur Geltung.“
© David Schreyer
Sieger d. Kategorie 5
Werner Achs: „Die perfekt selektionierten Trauben kommen vom Ungerberg. Die späte Lese am 4. und 9. Oktober, das Vergären im Barrique und ein Jahr Flaschenreife sind Garant für die balancierte, engmaschige Stilistik.“
© Moritz Schell
Sieger d. Kategorie 1
Stefan D. Wellanschitz: „Dieser Wein verbindet die Lage Hochberg (Schiefer) und das Alte Weingebirge (tonhaltiger Lehm). Daher vereint sich beim Jahrgang 2021 die ausdrucksstarke Frucht mit der Stoffigkeit und feinkörnigen Tanninen.“
© Joseph Estl