Die Wogen schlagen hoch
Im Wettstreit um die besten Qualitäten beim Grünen Veltliner liegt die junge Weinbauregion Wagram im absoluten Spitzenfeld.
Text von Willi Balanjuk Foto: Herbert Lehmann
In der neueren Weinbaugeschichte Österreichs gibt es viele Erfolgsgeschichten sowie sonderliche Entwicklungen in der Weingesetzgebung. Die Region Wagram wurde historisch erst als Gebiet Krems und danach als Donauland Carnuntum geführt. Von Wagram keine Rede. Donauland (damals noch Traisental inkludierend) und das zweite Teilgebiet Carnuntum haben weder vom Weinstil noch von der Bodenbeschaffenheit Gemeinsamkeiten. Daher war es schwierig, eine Identität für die Weine des Wagrams zu finden. In der am Markt wahrgenommenen Qualität der Region bis 1994 können die Weingüter Franz Leth, Ludwig Neumayer (heute Traisental) und der junge Winzer Karl Fritsch genannt werden. Ansonsten wurde der Wagram als Trauben- und Fassweinlieferant für die Genossenschaften angesehen. 1994 präsentierte Bernhard Ott seinen Jahrgang 1993 auf der VieVinum. Erfolgreich. Der junge Winzer wurde in den folgenden Jahren zu einer Leitfigur für die Region. Warum steht der Wagram heute so erfolgreich da? Durch die Gründung mehrerer Winzervereinigungen entstand ein konstruktiver Wettstreit innerhalb der Region, der die Qualität der Weine enorm steigerte.
2004 wurde schließlich das Regionale Weinkomitee Wagram gegründet. Damit wurde bei aller Konkurrenz der Winzer untereinander von Obmann Leopold Blauensteiner ein neuer Teamgeist entfacht, der eine Aufbruchstimmung für die Region erzeugte. 2007 wurde das Weinbaugebiet Donauland schließlich in Wagram umbenannt. Seit diesem Zeitpunkt spürt man eine eigene Dynamik der Region. Die Ortsbilder werden gepflegter, die Vielzahl der gemeinsamen Veranstaltungen verankert den Wagram als eigenständiges Weinbaugebiet. Unzählige Erfolge bei nationalen und internationalen Weinwettbewerben und der Salon-Sieg beim Grünen Veltliner durch das Weingut Leth dokumentieren diese neue Schlagkraft des Wagram.
Zahlreiche Winzer, z. B. Toni Söllner, Bernhard Ott, Karl Fritsch, Stephan Mehofer, Hans Wimmer-Czerny, um nur einige zu nennen, stellen die Wagramer Weingärten auf biologische, biodynamische oder Demeter-Produktion um und zeigen damit, wie sehr der Wagram im Trend liegt. Die Schaffung der Gebietsvinothek Weritas in Kirchberg am Wagram ist nur ein weiterer Mosaikstein, der zudem moderne Architektur in ein traditionelles Ortsbild am Wagram bringt.
Das Gebiet teilt sich grob in zwei Zonen, wobei die 300 ha südlich der Donau die Weinbaugemeinden im Tullnerfeld, die historische Weinstadt Klosterneuburg und den Wagram umfassen. Dieser zieht sich, rund 30 km vom Kamptal ausgehend, nördlich entlang der Donau. Er besitzt ein einheitliches geologisches Profil, und die individuellen Kalkanteile im Boden sowie die Hangneigung der Weingärten machen den entscheidenden Unterschied aus. Der prägende Lössboden entstand durch Anwehungen an den Ufern des Urmeeres und ist auch die Erklärung für den Namen – Wagram kommt von „Wogenrain“.
Von den rund 2.400 ha Rebfläche dominiert Grüner Veltliner mit rund 50 % der ausgepflanzten Reben den Wagram. Daraus keltern die Winzer sowohl den leichten, klassisch trockenen Grünen Veltliner als auch gehaltvolle Riedenweine in Reservequalität mit enormen Entwicklungspotenzial.
Eine Spezialität des Wagrams ist der Rote Veltliner, mit ca. 100 ha Rebfläche allerdings eher gering ausgepflanzt. Qualitätsschwankungen, Fäulnisempfindlichkeit und die notwendige hohe Reife bei der Lese machen den Roten Veltliner zu einer schwierigen Rebsorte. Josef Frisch, Franz Leth, die Familie Schuster und der neue Weinbaubetrieb Hofstetter zeigen jedoch mit ihren Weinen die Vielfalt der Stile und den ausgeprägten Sortencharakter. Reife gelbe Frucht, Birne und opulenter Körper machen den Roten Veltliner mit Viognier und Rotgipfler vergleichbar.
Die Orte Feuersbrunn, Fels am Wagram, Kirchberg am Wagram sowie Großriedenthal bieten neben der Vielfalt beim Grünen Veltliner aber auch ausgezeichnete Rotweine aus Zweigelt und Blauem Burgunder. Karl Fritsch mit Pinot noir und Anton Bauer mit Zweigelt waren die Ersten, die mit ihren Rotweinen reüssierten. Im Segment der Süßweine ist die Initiative des Grünen Veltliner Eisweins in Großriedenthal zu erwähnen. Durch die leichten klimatischen Veränderungen der letzten Jahre hat sich die Eisweinproduktion leider ein wenig erschwert, weshalb nur geringe Mengen dieser Kostbarkeiten produziert werden.
Ein wichtiges Argument für den Erfolg des Wagram ist auch der Preis. Die leichten, klassischen Weine liegen zwischen 5 und 10 Euro. Die Spitzenweine aus Rieden oder Reservestilistik gehen von 12 bis 20 Euro. Nur vereinzelte Raritäten und Topweine liegen darüber.
Von der Masse zur Spitzenregion ist es ein weiter Weg. Viele Etappen dahin hat der Wagram bereits erfolgreich zurückgelegt. Wenn der eingeschlagene Weg weiter so konsequent beschritten wird, hat der Wagram große Chancen, einen Podestplatz im Wettstreit um den Grünen Veltliner zu erringen. Mit dem Roten Veltliner besitzt man eine Spezialität, die durch die opulente Aromatik und leichte Verwendbarkeit als Speisenbegleiter eine hochwertige Alternative darstellt.
Die Verkostung: In der Gebietsvinothek Weritas wurden rund 40 Weine zum Thema „Grüner Veltliner trifft Roten Veltliner“ in unterschiedlichen Jahrgängen verkostet. Jeder Winzer durfte nur einen Wein präsentieren. Durch die Präsentation wurde die hohe Dichte an Qualität bewusst und viele aufstrebende Betriebe wie Stefan Bauer, Weingut Direder, Weingut Ecker, Josef Ehmoser, Weingut Gerold, Horst Kolkmann, Weingut Nimmervoll, Franz Sauerstingl, Weinhof Waldschütz, Weingut Waltner u. a. runden das Bild der dynamischen Weinregion ab. Der Quereinsteiger Clemens Strobl hat mit „Friends of Wagram“ eine weitere Aktivität für die Region gesetzt.
Die Bewertung
Grüner Veltliner Jahrgänge 2007 bis 2011
93 Punkte
2007 Blauensteiner
Grüner Veltliner Rassing
Komplex, gereifte Aromen, „understatement“, balanciert, leicht reduktiv, aber elegant, sehr fein, großartiger, klassischer Grüner Veltliner
2009 Leth
Grüner Veltliner Scheiben
Reife, saftige Frucht, elegant, nuanciert, kräftig, balanciert am Gaumen, jetzt perfekt
92 Punkte
2010 Bernhard Ott
Grüner Veltliner Rosenberg
Offene, komplexe Nase, reif, Säure markant, gehaltvoll
90 Punkte
2011 Anton Bauer
Grüner Veltliner Alte Reben Rosenberg
Verhaltene Nase, intensiv, kräftig, leicht Grapefruit, intensiv
2010 Clemens Strobl
Grüner Veltliner Schreckenberg
Honignote, Botrytis, reif, gute Struktur und gute Länge
89 Punkte
2009 Direder
Grüner Veltliner Schlossberg Reserve
Reduktiver Stil, CO2, lebendig, trinkfreudig, TIPP (Preis/Leistung)
2011 Nimmervoll
Grüner Veltliner Schafberg
Tiefe Aromen, saftig, modern, Balance, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
88 Punkte
2010 Weinhof Ehn
Grüner Veltliner Sonnleitn
Tiefe Frucht, balanciert, Grapefruit, intensiv, gute Substanz, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
2011 Reinberger
Grüner Veltliner Rose Grün
Intensiv, straff, CO2, süß im Nachhall, gelbe Frucht, Golden Delicious, reif
Roter Veltliner Jahrgänge 2009 bis 2011
92 Punkte
2011 Familie Schuster
Roter Veltliner „Valvinea“ Lieblich
Offene Nase, kräftig, stoffig, mächtiger Wein mit Potenzial, balancierter Restzucker, großartig
91 Punkte
2009 Fritz
Roter Veltliner Steinberg
Opulent, stoffig, „Winterwein“, gehaltvoll, gute Länge und Substanz
90 Punkte
2009 Ernst
Roter Veltliner
Komplexe Melone, gelbe Frucht, elegante Textur, opulenter Wein mit langem Abgang
2011 Hofstetter
Roter Veltliner Exclusiv
Saftig, intensive reife Fruchtnoten, Birne, gehaltvoll