Duftige Verführungen

Österreichs Weine aus Aroma- rebsorten gelten als Benchmark am duftigen Weißweinsektor.

Text & Verkostung von Willibald Balanjuk

Sauvignon blanc, Gelber Muskateller und Traminer überzeugen Weinliebhaber durch ihre einladende und präzise Aromatik. Jeder freut sich über intensive Holunderblüte, Cassis, traubige Noten oder Litschi- und Rosendüfte in der Nase und im Glas. Ein Grund, warum sich die heimischen Aroma-Rebsorten etabliert und eine Vielfalt von Stilen und Interpretationen entwickelt haben.

Im Rahmen einer Grand-Cru-Verkostung hat A la Carte rund 160 Weine in 10 Kategorien verkostet. Vom Sauvignon blanc sind in Österreich rund 1.700 ha ausgepflanzt, wovon die Mehrheit in der Steiermark steht.

In der Kategorie Sauvignon blanc 2023 (gefüllt, aber auch Fassproben) wurden zehn Weine eingereicht. Die jugendliche Ausprägung der Aromatik vereint Blütenanklänge und Fruchtnoten. Am Gaumen lebendiger Trinkfluss und teilweise noch CO2-geprägt. Der 2023 Sauvignon Blanc Ried Obere Heide der Gebrüder Nittnaus präsentiert sich überraschend gut antrinkbar und elegant.

Die Kategorie Sauvignon blanc Klassik und Ortsweine des Jahrgangs 2022 war mit 34 Weinen stark besetzt. Die Verkostung war eine Art steirische Landesmeisterschaft. Die Usual Suspects wie Tement, Frauwallner, Kodolitsch, Schauer und Scharl überzeugten mit ihren Ortswein-Qualitäten gegenüber den klassisch ausgebauten Sauvignon blancs.

Die Kategorie SB Riedenweine & Reserven 2022 – es wurden sechs Weine verkostet – bestätigt den längeren Fassausbau der meisten Winzer dieser Stilistik. Hier kommen in diesem Jahr noch viele exzellente Weine auf die Flasche und werden den Sauvignon-blanc-Liebhabern mit dem charmanten 2022er-Charakter viel Vergnügen bereiten. Frauwallner mit seinem Stradener Ried Rosenberg ist ein exzellentes Beispiel für die verführerische, hohe Qualität des Jahrgangs.

Die Kategorie Sauvignon blanc Riedenweine und Reserven aus dem Jahrgang 2021 & älter war ein Hochgenuss. Nahezu alle eingereichten Weine präsentierten sich großartig. Ein Wein verzauberte die Verkoster: Der 2021 Sauvignon Blanc Ried Rosengarten T.M.S. von Kodolitsch vereint Intensität, Finesse und steirische Herkunft in Perfektion. 100 Punkte und ein Muss für Weinkenner! Vom Gelben Muskateller sind in Österreich 870 ha ausgepflanzt. Die Rebsorte lädt mit intensiven Holunderblüten-Anklängen und traubigen Noten ein und reagiert besonders stark auf klimatische Einflüsse während der Vegetation.

In der Kategorie Muskateller 2023 waren 17 Weine eingereicht. Die jugendliche Aromatik der Weine wirkte in manchen Weinen noch nicht balanciert. Der Siegerwein von Niki Windisch hingegen verführt bereits jetzt zum Trinken.

Die Kategorie Muskateller 2022, in der 30 Weine verkostet wurden, präsentierte sich sehr homogen. Sowohl Aromatik als auch Balance waren quer durch die Weinbaugebiete mit viel Sortencharakter ausgestattet. Die Kategorie Muskateller 2021 belegt auch mit dieser Rebsorte den individuellen Charakter des Jahrgangs; konzentrierter und etwas lebendiger als 2022 und 2023. Die Riedenweine von Katharina Lackner Tinnacher und Tement sind zwar bereits antrinkbar, verfügen aber auch über enormes Potenzial.

Potenzial ist das Stichwort für den Traminer. Diese hochwertige Rebsorte, von der knapp über 300 ha aus-gepflanzt sind, wird immer noch unterschätzt. Die reife gelbe Frucht, Mango, Litschi sowie florale Noten, die an Eibisch und Rosenholz erinnern, harmonieren mit vielen Speisen. Die Kategorie Traminer 2022, es waren vier Weine eingereicht, zeigt, dass Traminer meist länger im Fass ausgebaut wird, um die Tiefe und Balance der Aromen zu garantieren.

In der Kategorie Traminer 2021 waren die zwölf eingereichten Weine von trocken bis halbtrocken im Ausbau. Die trockenen Varianten sind bereits früher antrinkbar. Hier legt das Vulkanland mit seiner Traminer-Geschichte die Qualitätslatte sehr hoch. Frühwirths Gelber Traminer und Neumeisters Roter Traminer sind Weine, die zum international Besten dieser Rebsorte zählen.

Bei der Kategorie mit den reiferen Traminern 2020 & älter zeigte sich die Vielfalt der Stile. Der knochentrockene Traminer von Wolfgang Maitz überzeugt durch Finesse. Die Fülle und zarte Restsüße vom Gelben Traminer von Frühwirth braucht noch Flaschenreife, um diese Balance zu erreichen. Der maischevergorene Stil von Andreas Gsellmann dokumentiert die hohe Qualität der Rebsorte, und die etwas reifere Variante von Josef Fritz untermauert das Potenzial des Tra­miners.

Zusammenfassend zeigt die Verkostung die großartige Position der österreichischen Aromarebsorten. Man kann sich bei den aromatischen Rebsorten auf einen sehr guten Jahrgang 2023 freuen. Die 2022er wirken harmonischer und früher antrinkbar, die besten verfügen aber über Potenzial. Die 2021er sind wahrscheinlich die langlebigsten Weißweine der letzten Jahre (vielleicht hat 2017 ein ähnlich hohes Potenzial) und sollten daher erst nach den 2022ern und 2020ern getrunken werden. —

Ablauf der Verkostung: Die eingereichten Weine wurden vom Autor in Zalto-Universalgläsern verkostet und bewertet. Im Anschluss wurden die besten in den jeweiligen Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet und zum Grand-Cru-Wein nominiert.

Jurymitglieder waren Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Weinhandel Del Fabro/Kolarik), Dragos Pavelescu (Önologe), Johannes Tremel (Weinhandel), Philipp Schäfer (Weinakademiker & Weinhandel Schäfer) und der Autor.

Zu den Bewertungen:
Kategorie 1: Sauvignon blanc 2023
Kategorie 2: Sauvignon blanc Klassik & Ortsweine 2022
Kategorie 3: SB Riedenweine & Reserven 2022
Kategorie 4: Sauvignon blanc Riedenweine & Reserven 2021 & älter
Kategorie 5: Muskateller 2023
Kategorie 6: Muskateller 2022
Kategorie 7: Muskateller 2021
Kategorie 8: Traminer 2022
Kategorie 9: Traminer 2021
Kategorie 10: Traminer 2020 & älter