Ein Jahrgang der großen Herausforderungen

Text von Willi Balanjuk Foto: Regina Hügli

Der österreichische Rotwein hat sich in der Diskussion der Experten und Journalisten vom exzellenten Jahrgang 2009 zum potentiell großartigen Jahrgang 2011 bewegt. Etwas vergessen und als „nicht interessant genug“ wurde 2010 oft gar nicht oder sehr oberflächlich beurteilt. Der Jahrgang 2010 war natürlich kein leichter Jahrgang und die wechselnden Bedingungen während der Lese haben dazu geführt, 2010 etwas vorurteilsbehaftet als „kleinen“ Jahrgang einzustufen. Vergessen wird dabei oft, wie stark die Rebsorten im Jahrgang variieren und wie stark die regionalen und mikroklimatischen Unterschiede sind. Für Pinot Noir-Liebhaber bietet 2010 wahrscheinlich die interessantesten Weine der letzten Jahre. Eine ähnlich große Streuung findet sich beim St. Laurent und auch der Zweigelt zeigt sich nach kurzer Flaschenreifung in großartiger Form. Das Niveau der eingereichten Weine unterstreicht die konsequent steigende Qualität der Kellerarbeit der Winzer.

In der Kategorie Zweigelt 2010 wurden rund 100 Weine eingereicht und die Stilistik der Weine variiert von fruchtbetontem Stahltank-Zweigelt mit eleganter Frucht bis hin zum Barrique-vinifizierten Topwein auf internationalem Niveau. Die unterschiedlichen Standorte und damit starke Variation der Reife des gelesenen Rebmaterials zeigte sich in großen Farbunterschieden, sehr oft auch in unreifen Bukettnoten und in etwas rustikalem Tannin. Das Geheimnis der erfolgreichen Weine lag darin, die Extraktion nicht zu übertreiben, und Balance zwischen elegantem Fruchtspiel und einer geringen Dosierung von Holz mit ausreichendem Gerbstoff zu finden. Die Weine lassen sich jetzt bereits gut antrinken und werden sich innerhalb der nächsten zwei Jahre optimal trinken lassen. Die Besten verfügen über ein Reifepotential für die nächsten fünf Jahre.

Die Kategorie Zweigelt Cuvée bietet mit rund 40 Weinen eine kleinere Gruppe, zeigte aber qualitativ ein sehr hohes Niveau. In der Assemblage mit Merlot und Blaufränkisch, aus der die meisten der eingereichten Weine stammen, vereinen sich österreichische Fruchttiefe und Präzision mit Komplexität und gut integriertem Holz. Der Jahrgang unterstreicht die österreichische Fruchteleganz, da die Winzer die Holzdosierung stark reduziert haben und die Weine dadurch sehr fruchttief und einladend wirken. Wie bei den reinsortigen Zweigelt-Weinen sind auch die Cuvées bereits gut antrinkbar und werden sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren zum Trinkhöhepunkt hin entwickeln.

Ablauf der Verkostung: Die rund 140 Weine wurden vom Autor verkostet und bewertet. Verkostet wurden die Weine in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten Weine aus beiden Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet. In der Kategorie Zweigelt 2010 wurden 18 Weine in der Finalverkostung bewertet. In der Kategorie Zweigelt Cuvée wurden 15 Weine in der Blindverkostung beurteilt.

Jurymitglieder waren René Antrag (Sommelier Restaurant Steirereck), Hans Martin Gesellmann (Wein & Co), Lueder Machhold (privater Weinliebhaber), Franz Messeritsch (Sommelier Restaurant Le Ciel) und der Autor.