Flüssiges Gold

Einen Goldrausch auf Fruchtsüß und Edelsüß durfte man sich bei der diesjährigen Verkostung „Liquid Gold“ in Donnerskirchen erwarten. Wir haben die besten Prädikatsweine für Sie herausgekostet.

Foto von Michael Markl
Text von Willibald Balanjuk

Sie hat bereits Tradition: die von der Wein Burgenland veranstaltete Verkostung „Liquid Gold“ (Flüssiges Gold). Alljährlich werden unter diesem Titel die besten der vielfältigen Prädikatsweine des Burgenlands in sechs Kategorien blind verkostet. A la Carte ist seit vielen Jahren dabei, um gemeinsam mit den Veranstaltern das Image dieser großartigen Weine zu verbessern und durch detaillierte Informationen über deren Qualitäten auch die Kenntnisse um die „Verwendbarkeit“ dieser Weine zu verbessern.

International werden burgenländische Süßweine sehr hoch bewertet und gewinnen in Serie Awards in Großbritannien, den USA und Skandinavien. Oft werden sie sogar höher bewertet als unsere besten Weiß- und Rotweine. Betriebe wie der Angerhof-Tschida, Kracher, Ernst Triebaumer oder Feiler-Artinger bekommen oft international die höchsten Bewertungen (100 Punkte oder andere Auszeichnungen). Dennoch stagniert der Konsum dieser Weine. Viele Weinliebhaber haben nicht einmal die besten Prädikatsweine auf dem Radar. Dabei kann man nur dazu raten, sie zu probieren, denn: kein Menü und keine Verkostung ohne ein flüssiges Dessert. Zudem ist Süß nicht gleich Süß, die besten Prädikatsweine verfügen über eine lebendige Struktur und verbinden die Restsüße mit Pikanz.

Die Blindverkostung fand in Donnerskirchen statt und war in folgende sechs Kategorien unterteilt:
Die Spätlese soll über ein einladendes und ausgeprägtes Fruchtspiel verfügen und einen lebendigen Trinkfluss besitzen; die Restsüße soll balanciert und die jugend­liche Frucht im Nachhall präsent sein. Es wurden 25 Spätlesen aus den Jahrgängen 2021 und 2020 verkostet. Der Restzuckergehalt variierte von 20 bis 110 g/l, d. h. teilweise nicht wirklich merkbar bis hin zu sehr präsent. Überraschend waren diesmal nicht nur aromatische Rebsorten wie Sämling 88 und Gelber Muskateller. Der aromatische 21er erlaubte selbst Chardonnay und Welschriesling, expressive Fruchtnoten zu bieten. Spätlesen sollten zu Obsttorten, Sorbet-Variationen und frischeren Käsesorten probiert ­werden. Seit 2020 findet man diesen Weinstil auch als fruchtsüßen Neusiedlersee-DAC-Wein.

In der Kategorie Auslese waren nur neun Weine eingereicht. Neben Chardonnay überraschte ein Petit Manseng, eine französische Rebsorte, die in der Region Jurançon (an den Hängen der Pyrenäen) auch als Süßwein gekeltert wird. Die Auslesen präsentieren sich mit höheren Rest­zuckergehalten. Hier war die Bandbreite von 70 bis 140 g/l.

Abhängig vom Verlauf der Botrytis (Edelfäulnis) findet man mehr oder weniger Beerenauslesen. In dieser Kategorie wurden 27 Weine verkostet. Die Jahrgänge 2021 und 2020 dominierten, aber auch einige 2019er und 2018er präsentierten sich sehr gut. Neben den aromatischen Rebsorten (Scheurebe und Muskateller) überzeugten Chardonnay und Pinot blanc mit feiner, präziser Frucht. Eine gute Beerenauslese ist die eleganteste Form der natürlichen Konzentration von Zucker und Säure. Hier vereinen sich elegante Aromen (Frucht und florale Anklänge) mit zart kandierten Noten. Am Gaumen ein lebendiger Trinkfluss und fruchtiger Schmelz im Abgang.

Der Ruster Ausbruch ist die historische Interpretation der höchsten Konzentration. Ruster Ausbruch DAC wurde 2020 als die Prädikatswein-Kategorie in der Region Leithaberg verankert. 13 Weine waren in dieser Kategorie eingereicht. Welschriesling, Gelber Muskateller und die weißen Burgundersorten sind meist die Basis für diese Ruster Spezialität. Im Trend liegt der Furmint, der in den kommenden Jahren vermehrt auch als Ruster Ausbruch DAC ausgebaut wird.

Die Kategorie Trockenbeerenauslese ist die höchste Form der Botrytis-Konzentration. Dörrobst- und Blütenhonigaromen sind in allen Weinen präsent. Botrytis cinerea konzentriert Zucker und Säure. Damit verfügen die besten Weine über dichte und lebendige Strukturen. Der Restzucker­gehalt liegt zwischen 180 und 366 g/l. Damit verfügen TBAs über ein Alterungspotenzial von 30 bis 50 Jahren. Eine private Verkostung der Jahrgänge 1969, 1973 und 1981 untermauert das enorme Potenzial dieser ­Weine. Die große Variation der Rebsorten und Jahrgänge bei den 29 verkosteten TBAs macht die Beurteilung zu einer Herausforderung. Ziel­setzung war, die balancierteste und lebendigste Struktur mit dem besten Alterungspotenzial zu finden. Welschriesling, Chardonnay und die aromatischen Rebsorten fanden sich hierbei im Vorderfeld.

In der Kategorie Eiswein und Stroh– bzw. Schilfwein – Weine der besonderen Lesearten – waren neun Proben zu verkosten. 2020 war die Eiswein-Lese möglich, weshalb man viele von ihnen vorfindet. Andere Jahrgänge sind individuelle Winzerentscheidungen und verlangen hohe Risikobereitschaft der Weingüter. Der zarte Candy Touch dieser Weine resultiert aus der Lese gefrorener Trauben, die auch im gefrorenen Zustand verarbeitet werden. Stroh- und Schilfweine werden unter kontrollierten Bedingungen gekeltert. Die Trauben werden gesund gelesen und natürlich getrocknet.

Zusammenfassend kann das hohe Niveau der Weine erneut bestätigt werden. Die Winzer haben die Finesse des 2021ers in der Kategorie Spätlese mehrheitlich gut herausgearbeitet. Die kühlere Aromatik des 2020er präsentiert sich bei den Beerenauslesen und Eisweinen zurzeit ­perfekt. Beim Ruster Ausbruch und den Trockenbeerenauslesen sind mehrheitlich 2017er, 2018er und 2019er eingereicht worden. Eine Trinkempfehlung: Sowohl Beerenauslesen, Ruster Ausbruch und Trockenbeerenauslesen als auch Eis- und Strohweine können bereits jung angetrunken werden. Die beste Qualität und Komplexität zeigen sie aber erst nach zehn bis 15 Jahren. Dann eignen sich die Weine ideal als Speisenbegleiter und/oder „Meditationsweine“. —­

Die Jury: Verkostet wurde blind von Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Del Fabro/Kolarik), Stefan Schuster (Weinakademiker) und dem Autor. Die Weine wurden in 6er- bis 8er-Serien verkostet, damit waren die Weine relativ lang in den Zalto-Universalgläsern. Bekannt waren die Kategorie und die Rebsorte.

Alle Weine wurden in Zalto-Universalgläsern verkostet.

Bewertungen
Kategorie 1: Spätlese
Kategorie 2: Auslese
Kategorie 3: Beerenauslese
Kategorie 4: Ausbruch
Kategorie 5: Trockenbeerenauslese
Kategorie 6: Eiswein