Hochkarätig in jedem Detail
Der Blaufränkisch ist Österreichs Rotweinsorte par excellence. Vom unglaublich hohen Niveau der Weine zeugen gleich vier 100-Punkte-Bewertungen in unserer Grand-Cru-Verkostung.
Text & Verkostung von Willibald Balanjuk
Redet man von Wein, redet man immer auch von Terroir. Diesbezüglich tut sich in Österreich in den letzten zehn Jahren eine Rotweinsorte besonders hervor: der Blaufränkisch. Er bietet viele Antworten auf die Fragen nach Herkunft und unverwechselbarer Stilistik.
Roland Velich begann Anfang 2000, das Potenzial dieser Rebsorte international zu thematisieren. Hohe Parker-Bewertungen und die Schaffung neuer DAC-Gebiete – Mittelburgenland DAC, Leithaberg DAC und Eisenberg DAC – führten zu klareren Definitionen des Stils. Die Vielfalt des Terroir-Ausdrucks unterstreicht dabei das große Potenzial dieser Rebsorte. Niemand erwartet, dass ein Chambolle-Musigny wie ein Gevrey-Chambertin schmecken soll. Warum also sollen nicht auch Golser, Joiser, Neckenmarkter und Eisenberger Blaufränkisch ihren eigenen Stil haben? Die Möglichkeit, Terroir auszudrücken, steht bei den meisten Winzern auch im Vordergrund ihrer Arbeit. Dadurch hat sich die Qualität der Weine seit 2019 in Richtung eines unglaublich hohen Niveaus entwickelt. Das Verständnis für Weingärten, eine anspruchsvollere Selektion während der Lese und eine zartere Extraktion in Kombination mit weniger Barrique-Einsatz – Weine, die den aktuellen Zeitgeist prägen. Dazu kommt die Abfolge sehr guter bis außergewöhnlicher Jahrgänge. Blaufränkisch steht für Frische, Präzision, Lebendigkeit, Eleganz und Potenzial.
A la Carte hat eine Blaufränkisch Grand-Cru-Verkostung ausgeschrieben. Es wurden rund 240 Weine in sechs Kategorien verkostet.
Die Kategorie 2022 Blaufränkisch – klassisch und fruchtbetont war mit 25 Weinen besetzt. Der einladende, reif wirkende Fruchtausdruck macht die 2022er sehr verführerisch und bereits gut antrinkbar. Die besten Weine in dieser Kategorie stammen aus durchschnittlich „älteren“ Weingärten – 20 bis 25 Jahre alte Reben –, die auch bei zarterer Extraktion gute und tiefe Aromen vermitteln können.
Die Teilnahme an der Kategorie Blaufränkisch 2022 mit Rieden-Charakter und DAC-Reserve-Stile war erwartungsgemäß gering. Die Mehrheit der Weine liegt noch im Fass und wird heuer vor der Lese gefüllt. Viele ausgezeichnete Weine werden noch auf den Markt kommen. Hier spürt man erstmals Engmaschigkeit und stärkere Präsenz der Tannine. Diese harmonisch und balanciert zu keltern, war die Herausforderung des Jahrgangs. Blaufränkisch-Spezialisten wie Paul Achs und die Familie Wellanschitz haben die hohe Qualität des Jahrgangs bereits in die Flasche gebracht. Der BF Ried Spitzerberg vom Weingut Josef Pimpel war die Überraschung, ein Wein, der auch schon jung das große Potenzial der Herkunft zeigt.
Die Kategorie Blaufränkisch 2021 war in der Gesamtheit eine der besten Proben dieses Jahres. Das Niveau der 88 eingereichten Weine ist unglaublich, mindestens 25 davon könnte man sofort an die internationale Spitze der Rotweine stellen. Die besten, mit vier Mal 100 Punkten, sind wahre Schätze.
Der 2021 BF Hochberc von Albert Gesellmann verbindet die Tiefe und Saftigkeit des Mittelburgenlands mit der Eleganz und Finesse der Rebsorte. Der 2021 BF Perwolff von Krutzler hat sich durch die Flaschenreife zu einem wahren Eisenberger/Deutsch Schützener entwickelt, der die Engmaschigkeit und Mineralität des Südburgenlands perfekt vereint. 2021 BF Ried Goldberg (ebenfalls 100 Punkte) aus dem Hause Prieler zeigt, wie brillant Blaufränkisch auf Schiefer werden können: präzise, elegant und seidig im Abgang mit enormer Länge. Der 2021 Blaufränkisch St. Margarethen von Hannes Schuster unterstreicht das Können des Winzers. Die Selektion und optimale Lese aus zwei St. Margarethener Weingärten führen zu einer komplexen Aromatik in der Nase, eleganter Konzentration sowie präzisen Gerbstoffen im Abgang mit schier endlosem Potenzial.
In der Kategorie 2020 Blaufränkisch wurden 44 Weine verkostet, die sich komplex und tief in der Aromatik präsentieren: am Gaumen eine perfekte, elegante Balance und feinkörnige Gerbstoffe. Im direkten Vergleich verfügt der 2020er über etwas weniger Spannung. Zum Trinken ist aber der 2020er fast verführerischer.
Die 29 Weine der Kategorie Blaufränkisch 2019 untermauern das Potenzial und die Langlebigkeit der Weine. Die besten Weine wirken sehr jung und massiv. Der große Jahrgang 2019 wird sich langsam entwickeln und der Siegerwein 2019 BF Patriot kostet sich wie ein 2021er.
Die Kategorie Blaufränkisch-geprägte Cuvées zeigt, wie gut sich Blaufränkisch auch in Blends einfügen können. Hier kommt allerdings mehr die Handschrift und Stilentscheidung des Winzers zum Tragen. Sowohl 2020er als auch 2021er stehen sich in dieser Kategorie ebenbürtig gegenüber.
Zusammenfassend empfehlen wir, probieren Sie! Blaufränkisch kann in der Preis-Qualitäts-Relation mit jedem Top-Bordeaux und -Burgunder mithalten. Aromatisch fordert er Syrah, Nebbiolo und Cabernet Franc mit Frucht und einem Hauch Würzigkeit heraus. In den kommenden 20 Jahren werden diese Weine viele komplexe Aromen entwickeln. 2019, 2020, 2021 und auch 2022 werden rückblickend viele Wein-Ikonen hervorbringen. —
Zu den Bewertungen:
1. Kategorie 2022 Blaufränkisch – klassisch und fruchtbetont
2. Kategorie Blaufränkisch 2022 – Rieden-Charakter und DAC-Reserve-Stile
3. Kategorie Blaufränkisch 2021
4. Kategorie 2020 Blaufränkisch
5. Kategorie Blaufränkisch 2019
6. Kategorie Blaufränkisch-geprägte Cuvées