Holz, Feuer, Bohne
Eine Rösttrommel mit Holz zu befeuern, klingt nicht unbedingt nach der modernsten aller möglichen Methoden. Dennoch setzten immer mehr vor allem kleine Betriebe auf diese archaische Energieform. Aus aromatischen Gründen, aber natürlich auch wegen des feinen Marketings.
Text von Florian Holzer · Fotos von Hrovat’s
Es hat gerade begonnen, stark zu schneien. Der kleine Weiher namens Pötschen, eine alte Pferdewechselstation am Pötschenpass zwischen Bad Goisern und Aussee, versinkt unter weißer, schwerer Stille. Nur aus dem Kamin des malerischen 400 Jahre alten Stalls mit den meterdicken Mauern dringt dicker Rauch, hört man ein Rumoren, ein Knistern, ein Knacken, metallische Rührgeräusche. Denn Georg Hrovat röstet wieder.
„Sie belächeln mich alle“, sagt der Mann, der wie ein bayerischer Tatort-Kommissar aussieht. Was ihn von seiner Bestimmung aber kein bisschen abzubringen scheint: Kaffee rösten, Kaffee anders rösten, einen Kaffee rösten, „der mir nicht auf die Nerven geht, weil er so schlecht ist“. Seine Frau Barbara Hrovat-Forstinger betreibt in Bad Ischl einen Geschenke-Shop, in dem Kaffee immer wieder auch Thema war, vor allem für weihnachtliche Geschenkboxen, und weil bei Georg Hrovat ohnehin ein grundsätzliches Interesse für Kaffee da war, fuhren die beiden 2012 auf die Kaffee-Messe SCAE World of Coffee, die gerade in Wien statt fand. Was es da alles gab, faszinierte die beiden, und Georg Hrovat, der eigentlich eine große Apotheke am Ortsrand von Bad Goisern führt, wurde von den Bohnen nachgerade magisch angezogen.
Und dann ging es eigentlich eh sehr rasch. Hrovat besuchte Schulungen beim ehemaligen Unfallchirurgen und Kaffee-Professor Dr. Steffen Schwarz in Mannheim und besorgte sich einen kleinen Zwei-Kilo-Röster, mit dem er aber nicht lange glücklich war. Plötzlich war da die Idee, mit eigenem Holz zu rösten. „Pizza aus dem Holzofen, Brot aus dem Holzofen, Speck aus der Selch, das sind doch genau die Geschmäcker, die wir lieben. Ich glaub’ einfach, dass auch das Rösten von Kaffee und das Verbrennen von Holz gut
zusammen passen.“
Und da liegt Georg Hrovat auch gar nicht so falsch. Denn auch wenn sich eine Rösttrommel mit Gas zweifellos einfacher befeuern und vor allem leichter kontrollieren lässt, den Charme-Faktor eines über Holz gerösteten Kaffees hat das natürlich lange nicht. Schon vor zwanzig Jahren stellte die italienische Rösterei è tricaffè der italienischen Schaumwein-Millionäre Aneri diese Methode marketingmäßig in den prominenten Vordergrund, nur 3.600 Kilo pro Jahr, nur für wenige und die exklusivsten Adressen, geröstet nur über Akazienholz. Klang romantisch, konnte man sich jetzt aber nicht so viel darunter vorstellen. Ungefähr zur gleichen Zeit wurde auch die Antica Tostatura Triestina gegründet, ein Unternehmen der legendären Kaffee-Familie Hausbrandt, die Unternehmen und Namensrechte allerdings schon 1988 an Zanetti (Segafredo) verkauft hatten. Auch die Tostatura setzt marketingtechnisch stark auf Tradition, Qualität und exklusive Adressen, die Holzröstung wurde und wird gerne erwähnt, nähere Erläuterungen gibt’s allerdings keine.
Und in den vergangenen Jahren scheinen die italienischen über Holz röstenden Kleinröstereien nur so aus dem Boden zu schießen, Delizia in Neapel, Tre Forze, die in Sizilien ihre Röstanlage mit Olivenholz befeuern, Campetelli aus Latium, Pompeii aus Salerno. Nur die wenigsten davon sind wahrscheinlich so neu wie Georg Hrovats Rösterei in dem verschneiten Pferdestall am Pötschenpass, aber nachdem Marketing mittlerweile auch im Kaffee-Business eine unverzichtbare Rolle spielt, kehrt man das, was man bisher vielleicht als völlig normal erachtete, nun eben in den Vordergrund.
Bleibt die Frage: Was bringt es, Kaffeebohnen über Holz zu rösten? Das kommt völlig auf die Konstruktion der Rösttrommel an. Georg Hrovat ließ sich seine in Israel bauen, und zwar anders als Rösttrommeln für gewöhnlich gebaut werden: Denn der Ofen, den er mit Buchenholz und ein klein bisschen Fichte („aber Achtung, Fichte brennt schnell heiß …“) beheizt, sorgt nicht nur für die Heißluft, mit der die Trommel ganz normal erhitzt wird, es gibt auch eine Einleitung von Rauch ins Innere der Trommel. Und damit wird das ganze dann natürlich auch aromatisch interessant. Diverse Steuerungsklappen und -kanäle, die der israelische Konstrukteur vorgesehen hat, sind längst verglüht oder anders unbrauchbar geworden, lacht Georg Hrovat, aber er brauche sie ohnehin nicht, sagt er, er mache das alles nach Gefühl. Er arbeite auch nicht mit ausgefeilten Röstprogrammen wie alle anderen Röster derzeit, das Ergebnis sei nicht besser, als wenn er die Bohnen ganz einfach bei etwa 170 °C knappe zwanzig Minuten röste, sagt er. Tatsächlich wirkt es für den Laien durchaus ein bisschen spontan und zufällig, wenn der Apotheker da mehr oder weniger gleichzeitig den Ofen beheizt, mit dem Chargenprüfer die Farbe kontrolliert, die Bohnen in den Kühler rieseln lässt und die nächste Charge oben in den Trichter füllt.
Nur: Das Ergebnis ist alles andere als Amateur-Kaffee. Die Aromen seiner diversen Sorten – sei es Arabica aus Panama, aus Nicaragua oder Brasilien, reinsortige Robusta aus Indien, die Riesenbohne Maragogype oder kleine, runde Perlbohnen alias „Bemmerlkaffee“, allesamt erstklassige Plantagenware, teils bio, größtenteils direkt gehandelt – sind so ausgeprägt und definiert, wie man das in dieser Deutlichkeit nur selten erlebt. Und das, obwohl sie alle nach der einigermaßen gleichen Prozedur geröstet werden. Besonders interessant auch, wie die unterschiedlichen Sorten die Rauch-Aromen unterschiedlich aufnehmen, aber warum das so sei, wisse Hrovat auch nicht.
Kreuzplatz 19, 4820 Bad Ischl
Tel.: 06132/271 20
www.hrovatsroestet.at
Caffe delizia
Caffè Pompeii und Campetelli
bei Beans and Machines Wiedner Hauptstraße 40, 1040 Wien
Tel.: 0676/780 08 08
www.beans-and-machines.at
Antica Tostatura Triestina
u. a. bei Amici miei
Alserbachstraße 5, 1090 Wien
www.enoteca-amici.at