Klasse Lagen

Die Lage als höchstes Qualitätsmerkmal? Um das erfolgreiche Konzept der österreichischen DAC-Regelungen zu optimieren, werden Einzellagenbestimmungen für weitere Differenzierungsmöglichkeiten im Spitzensegment ausgearbeitet.

Text von Willi Balanjuk Foto: Reinhard Golebiowski

Die österreichische Weingeschichte der letzten 50 Jahre hat sehr abwechslungsreiche Konzepte und Rahmenbedingungen ausprobiert. War bis zum Jahr 1985 die Herkunft der Weine mit Ortschaften bezeichnet – Krems, Rust, Gumpoldskirchen –, so wurden mit der Novelle nach 1985 neue Weinbaugebiete geschaffen. Diese Konstruktionen hatten weder eine wissenschaftlich-geologische Basis noch einen historischen Konsens. Ein besonders gelungenes Beispiel war das Weinbaugebiet Donauland-Carnuntum, das durch Wien voneinander getrennt war. Mit dem ­geplanten EU-Beitritt war die Neu-Etablierung des ­romanischen Herkunftsgedankens eine logische Konsequenz: A.O.C, D.O.C.(G.) und DAC in Österreich – der Qualitätswein mit Herkunftscharakter. In dieser Aufbruchsstimmung der 90er haben sich führende Winzer Österreichs mit ihren mehrheitlich Rieden-reinen Topweinen einen Namen gemacht. Vom BF Ried Mariental über den GV Schütt bis hin zum Riesling Heiligenstein etablierten die führenden Winzer ihre Spitzenweine. Die alternative Strategie war die Kreation von Phantasienamen wie „Rêve de Jeunesse“, „Days of wines and roses“ bis hin zum „Phantom“. Da beide Konzepte erfolgreich waren und sind, stellt sich die Frage, wohin wird sich der Weinmarkt in Zukunft entwickeln? Da sich die Naturbezogenheit der Winzer und Konsumenten verstärkt hat, dürfte sich das Argument der eingegrenzten Herkunft, der Rückverfolgbarkeit der Weine und damit der Lagen in den nächsten Jahren eher durchsetzen. Bordeaux (Klassifizierung der Weingüter) gegen Burgund (4-stufige Klassifizierung der Weingärten) könnte man auch international diese Diskussion nennen. Vor der Präsentation der Pläne zur Klassifizierung der steirischen Lagen fand ein Gespräch mit Katharina Tinnacher von den STK Winzern, Michi Moosbrugger von den Traditionsweingütern und Willi Klinger von der Österreichischen Weinmarketing Gesellschaft statt.

Begonnen hat die Diskussion mit den Aktivitäten zu einer Lagenklassifizierung der Traditionsweingüter. Wer braucht überhaupt eine Klassifizierung? Und wer oder welche Behörde klassifiziert die Lagen? Dies waren die „klassischen“ ablehnenden Argumente der Diskussion. Wobei Michi Moosbrugger erzählt, wie schwierig die Diskussionen in den jeweiligen Gremien verliefen. Die positiven Reaktionen auf die DAC-Entwicklung offenbarten aber auch die schwierige langfristige Umsetzung und damit die Nachhaltigkeit des DAC-Gedankens. Qualitätswein mit Herkunftscharakter sollte in der perfekten Umsetzung auch zu einem einheitlicheren Weinstil, gemeinsamen Klonselektionen und Bewahrung historischen Rebmaterials führen, nicht nur zu einer Gebietsabgrenzung und Definition von Mindestqualitäten. Der historische Konsens der STK-Winzer (Steirische Terroir und Klassik Winzer) erleichterte die Arbeit bei der Ausarbeitung der Lagenklassifikation. Inspiriert durch das Burgund, versucht die STK-Gruppe, neben steirischem Qualitätswein Gemeinde-Weine, erste STK-Lagen und große STK-Lagen zu verankern. Bei der Erarbeitung der Konzepte hat man konstruktiv mit den Traditionsweingütern kooperiert und immer wieder die ÖWM eingebunden. Um gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen zu können, muss als Erstes der österreichische Weinbaukataster neu erstellt werden. Dieser soll bis 2014 fertig sein, damit die Vielzahl der verwendeten historischen Namen und Subrieden innerhalb größerer Rieden zu keiner Irreführung und falschen Bezeichnung am Etikett führt. Die Verwendung gemeinsamer Zeichen von Traditionsweingütern und STK-Winzern ist vereinbart und soll auch mit deutschen VDP-Winzern angestrebt werden. Die STK-Winzer haben die interne Kontrolle und Regeln erstellt. Basis ist der jeweilige Wein aus der Einzellage. Eigenständigkeit und Lagencharakter müssen in einer Jahrgangsvertikalverkostung erkennbar sein. Der Wein muss mindestens fünf Jahre Marktpräsenz für die Erste STK-Lage und mindestens zehn Jahre Marktpräsenz für die Große STK-Lage haben. Michi Moosbrugger sieht die Entwicklung in den anderen Regionen Österreichs unterschiedlich. Der Konsens ist mit den DAC-Regeln geschaffen. Wie kann sich die Spitzenqualität innerhalb dieses Konzeptes weiterentwickeln? Die Vision lautet: „Eine Lage, eine Rebsorte“. Das muss sich entwickeln und wird noch längere Zeit dauern. Die Weine vom Heiligenstein zum Beispiel, eine der berühmtesten Lagen Österreichs, nennen sich Riesling, GV, Chardonnay, mit Zusatzbezeichnungen wie Alte Reben, Reserve, Lyra … Am Ende des Weges sollte für den Kunden die Garantie einer höheren Qualität in den besten Lagen liegen, mit einem Stil, einer Rebsorte und damit auch einer möglichen Marktdurchdringung.

Auf den Konsumenten kommen äußerst spannende Zeiten zu, weil sich die Weinwirtschaft rasant weiterentwickeln wird. Die Herkunft und damit die Lage ist das höchste Qualitätsmerkmal und hat die besten Chancen, die Kategorie der Spitzenweine zu dominieren.