Neues Klima, neue Sorten

Cabernet, Merlot und Syrah sind auch als Solisten individuelle Bereicherungen der heimischen Weinlandschaft.

Foto von ÖWM/WSNA
Text von Willibald Balanjuk

Internationale Rotweinsorten haben sich in Österreich neben Zweigelt und Blaufränkisch auch reinsortig ausgebaut etabliert. Mehrheitlich findet man sie allerdings nach wie vor in den heimischen Top-Cuvées. Nach 1985 setzte man in Österreich beim Rotwein vorerst sehr stark auf internationale Rebsorten. Die Mehrheit dieser Cabernet-Sauvignon- und Merlot-Pflanzungen wurde für eine Vielfalt der österreichischen Cuvées eingesetzt. Reinsortig ausgebaute Cabernets und Merlots waren damals eher eine Seltenheit. Anfang der 1990er-Jahre wurde auch begonnen, Syrah/Shiraz auszusetzen; ein Teil dieser Pflanzungen fiel jedoch dem Frost von 1994/1995 zum Opfer. Bei darauffolgenden Auspflanzungen wurde daher bei der Standortwahl auch die Frostempfindlichkeit dieser Rebsorte berücksichtigt. Im Zuge des Aufschwungs des heimischen Rotweins in den 1990er-Jahren und vermehrter internationaler Aufmerksamkeit konzentrierten sich die Winzer wieder verstärkt auf die autochthonen Rebsorten Zweigelt und Blaufränkisch. Heute pflegen heimische Weinmacher die internationalen Rebsorten wieder vermehrt für etablierte oder neu kreierte Cuvées. War anfangs der Cabernet Sauvignon die wichtigste internationale Rebsorte, kommt um 2000 verstärkt auch Merlot zum Zug. Topweine wie der Salzberg von Gernot Heinrich, der M1 von Gerhard Markowitsch und der Rêve de Jeunesse von René Pöckl leiten diese Hinwendung zum Merlot ein. Mitte der 2000er kommt es wieder zu einem Schwenk zurück zu den autochthonen Rebsorten, und Blaufränkisch wird erneut vermehrt ausgepflanzt.

A la Carte hat die Verkostung internationaler Rebsorten in sechs Kategorien ausgeschrieben.

Kategorie Cabernet Sauvignon: In Österreich sind rund 600 Hektar mit dieser Rebsorte bestockt. Die ältesten Pflanzungen dürften im Burgenland bei den Rotweinpionieren Gesellmann, Igler, Kollwentz, Leberl und Prieler stehen, die diese Rebsorte entweder in ihren Cuvées oder reinsortig ausgebaut haben. Fischer (Sooß) und Malat (Kremstal) zeigten Anfang der 1990er-Jahre auch in Niederösterreich mit dieser Rebsorte auf. In ­dieser Kategorie der reinsortigen Cabernet Sauvignons waren 34 Weine eingereicht. Die meisten Weine stammen aus dem Jahrgang 2019 und ­zeigen die Intensität und reife Aromatik der Rebsorte. Der Umgang der Winzer mit Holz und Barrique wird immer besser, und die Weine präsentieren perfektes Tannin, Sortencharakter und Potenzial.

In der Kategorie Cabernet Franc sind zwölf Weine vertreten, die es in sich haben. Die aromatiefere Variante des Cabernets vereint dunkelbeerige Frucht und reife, pflanzlich wirkende Noten wie z. B. Gewürznelke und Verbene. Die Weine verbinden sich wunderbar mit Holz und liegen international (Bordeaux, Kalifornien, Toskana und Argentinien) voll im Trend. In Österreich sind rund 100 Hektar davon ausgepflanzt – der Cabernet Franc gilt hierzulande immer noch als Geheimtipp.

Kategorie Merlot: Die Bordeaux-Hauptsorte wird in Österreich auf rund 810 Hektar angebaut. Die Aromatik von Schwarzkirsche, Heidelbeere und Blutorange harmoniert wunderbar mit Holz und den österreichischen Rebsorten Zweigelt und Blaufränkisch. Die Mehrheit der Winzer cuvéetiert diese Rebsorte. Reinsortig wird Merlot seit jeher selten ausgebaut. Ausnahmen wie Christian Fischer und Reinhold Krutzler haben sich schon früh für diesen Weinstil eingesetzt. Verkostet wurden 43 Weine, die aus den Jahrgängen 2020, 2019 und 2018 stammten.

Kategorie Syrah: Diese Rebsorte wird in erster Linie mit dem Rhônetal und Australien assoziiert und steht auf rund 150 Hektar Rebfläche. Sowohl reinsortig als auch als Cuvée-Partner ergibt sie komplexe Weine, deren dunkelbeerige Fruchtaromatik von „pfeffrigen“ und würzigen Noten begleitet wird. Eingereicht waren 16 Weine, die im Durchschnitt ein sehr hohes Niveau zeigten.

In der fünften, „offenen“ Kategorie waren nur wenige Weine eingereicht. Regina und Günther Triebaumer arbeiten seit Jahren mit internationalen Rebsorten. Ihre Nebbiolos, Petit Verdots und Carménères zeigen eine große Aromenvielfalt und präsentieren sich sehr individuell.

In der Kategorie Cuvées mit internationalen Rebsorten waren 83 Weine eingereicht. Cuvées haben in Österreich eine lange Tradition. Seit den 1990er-Jahren kreieren österreichische Winzer sehr individuelle Cuvées mit einzigartigen Namen. Die Mehrheit der Weine stammt aus den Jahren 2020, 2019 und 2018, einige aus 2021. Durch die Vielfalt der Stile und Jahrgänge waren hier sehr unterschiedliche Weine zu verkosten. Die hohe Qualität der Jahrgänge und die Suche nach individuellen Stilen machen die Weine wunderbar eigenständig. Österreichische Frucht und internationale Aroma-Marker ergeben sensationelle Weine. Das Niveau in dieser Kategorie unterstreicht den Gedanken der Bereicherung durch die internationalen Rebsorten. —

Verkostet und bewertet wurden die eingereichten Weine vom Autor in Zalto-Universalgläsern. Im Anschluss wurden die besten Weine in den sechs Kategorien von einer Fachjury in einer Blindverkostung bewertet.

Jurymitglieder waren Hans Martin Gesellmann (Kracher Fine Wine), Benjamin Mayr (Del Fabro Weinhandel), Dragos Pavelescu (Önologe), Philipp Schäfer (Weinakademiker und Weinhandel Schäfer) und der Autor.

Bewertungen
Kategorie 1: Cabernet Sauvignon
Kategorie 2: Cabernet Franc
Kategorie 3: Merlot
Kategorie 4: Syrah
Kategorie 5: Restliche internationale Rotwein-Sorten
Kategorie 6: Cuvées

Philipp Grassl: „Diese Reserve kommt von abgegrenzten Weingärten der Riede Bärnreiser. Diese Filetstücke vereinen kiesige, quarz- und kalkhaltige Böden, die zur straffen und eleganten Struktur beitragen. Das i-Tüpfelchen kommt von der Umstellung auf biodynamische Weingartenbewirtschaftung.“
© Regina Hügli
René Pöckl: „Der Wein stammt aus zwei unterschiedlichen Terroirs. Roter Schotter, Lehm und sandige Böden erlauben eine individuelle Traubenselektion. Der 2019er erzielte eine hohe physiologische Reife und vereint Fruchtschmelz mit perfekten Tanninen.“
© Steve Haider
Stefan Zehetbauer: „Unsere Reben sind zwischen 12 und 35 Jahre alt. Der Temperatureinbruch Ende August und der warme September ergaben eine elegante Würzenote und den vollreifen Gerbstoff.“
© Christof Wagner
Dorli Muhr: „Die nahezu ideale Vegetation erlaubte, den Syrah bei idealen Bedingungen zu ernten. Durch die späte Füllung im Februar 2022 wirkt der Wein aromatief und verhalten und verfügt über ein enormes Potenzial.“
© Anna Stoecher
Andi Kollwentz: „Unser Cabernet Sauvignon stammt von der Riede Setz, einer unserer wärmsten Lagen. Die in den 80ern gepflanzten Reben sind 2019 perfekt ausgereift. Der beste Gerbstoff verbindet sich mit den rund 90 Prozent neuen Barriques in den 24 Monaten Fassausbau optimal.“
© Weingut Kollwentz
Franz Netzl: „Der Merlot stammt von der Riede Bärnreiser. Die 25-jährigen Reben haben beim 2019er eine homogene Reifung erlebt. Durch die späte Lese konnten wir unser Ideal eines gehalt- und druckvollen Merlots ziemlich perfekt erreichen.“
© Julius Hirtzberger