Sprudelndes Burgenland

Das Burgenland produziert nicht nur Weiß, Rot und Edelsüß, sondern auch wunderschöne Schaumweine.

Sprudelndes Burgenland

Text: Michael Prónay Foto: Luzia Ellert
In Gols steht eines der interessanten Unternehmen der österreichischen Weinwirtschaft: Die Sektkellerei der Brüder Peter und Norbert Szigeti. (Eigentlich ist’s ja – zumindest juristisch gesprochen – nicht einmal Teil der Wein- respektive Landwirtschaft; die gewerblichen Sekterzeuger nennen ihre Branche ja auch "Sektindustrie", aber mit diesem Namen dürften sie selber nicht ganz glücklich sein.)
Die Brüder haben sich in den letzten Jahren nicht nur als kleiner, feiner Nischenerzeuger neben den bekannten großen Namen fest etabliert, sondern als Lohnversekter auch Beträchtliches in Sachen Winzersekt geleistet.

"Winzersekt"
Was darunter zu verstehen ist, scheint vorderhand jedem klar. Allerdings hat die Bezeichnung ihre Tücken. Zum ersten darf sie auf dem Etikett nicht einmal aufscheinen, weil die Bezeichnung EU-weit für Deutschland geschützt ist. Das heimische Pendant heißt ganz offiziell "Hauersekt". Für diesen ist die Lohnversektung vorgeschrieben, da auf Grund gewerberechtlicher Vorschriften die Versektung den gewerblichen Versektern vorbehalten (und dem Winzer untersagt) ist. Darüber hinaus gilt für den Grundwein, dass er nur aus einem Weinbaugebiet stammen darf (was aber in der Praxis sowieso kein Problem ist, weil die vier weinbautreibenden Bundesländer inzwischen selbstständige Weinbaugebiete sind). Die Mindestlagerzeit auf der Hefe ist beim Hauersekt dieselbe wie beim "Qualitätsschaumwein" oder "Sekt", nämlich neun Monate. All das scheint allerdings die Winzer nicht zu kümmern, denn die Bezeichnung "Hauersekt" fand sich auf keiner einzigen Flasche (sofern wir’s nicht im Kleingedruckten überlesen haben); wie überhaupt bei der Etikettengestaltung ein wenig die Schlamperei zu herrschen scheint: Der vorgeschriebene Abdruck des Alkoholgehalts fehlte gleich in vier Fällen, bei einem weiteren vermissten wir die bei Sekten (nicht aber bei Frizzante/Perlwein) vorgeschriebene Angabe des Süßegrades (siehe Kasten). Der Qualität der Produkte tat dies allerdings keinen Abbruch.
Noch eine Klarstellung: Für Perlwein (Frizzante) liegt das gesetzliche Maximum des CO2-Drucks in der Flasche bei 2,5 bar, für Sekt ist ein Minimum von 3 bar vorgeschrieben. In der Praxis aber liegen Sekte bei 5 bis 6 bar Druck.

Die Stilistik
Beim Winzersekt lassen sich zwei grundlegende Stilistiken unterscheiden: Zum einen jene, die, ob ausgesprochen oder nicht, ihr Vorbild in der Champagne hat, und zum anderen jene, die eher sortenreine Sekte anstrebt, die das Aroma der Rebsorten mehr oder weniger deutlich widerspiegeln. Die Sekte der ersten Gruppe werden aus Burgundersorten (Weiß-, Blau- und Grauburgunder) inklusive Chardonnay und jedenfalls auch Welschriesling erzeugt, zu ihr zählen auch alle Sekte ohne Sortenangabe. In die zweite Gruppe fallen Riesling und Muskat-Ottonel sowie als Kuriosität der Uhudler. Kadarka und (rot versekteter) Zweigelt darf als Kuriosität betrachtet werden. Roter Sekt ist überhaupt eher mit Vorsicht zu genießen. Wem die Kombination von Gerbstoff (Tannin) mit Kohlendioxid wirklich schmeckt, darf getrost von sich behaupten, einen Lederstrumpf als Gaumen zu haben. Noch einmal zurück zu den Szigetis. Peter Szigeti ist ein bedingungsloser Anhänger der eigenständigen fruchtig-frischen Richtung: "Wenn mich Winzer anrufen und sagen, ihr Grundwein liegt jetzt im Barrique – da kann ich nur den Kopf schütteln. Barriques sind ja selbst in der Champagne die ganz große Ausnahme."
Wenn man sich das Ergebnis an der Spitze unserer Blindprobe ansieht, dann versteht man Peter Szigeti sehr gut, selbst wenn er auch die andere Stilistik im Hause pflegt. Eine durchaus begrüßenswerte Entwicklung konnten wir bei den Frizzante beobachten: Alle drei waren mit Kronenkork verschlossen, was den Korkfehlerteufel endgültig austreibt. Es wäre hoch an der Zeit, eine solche Entwicklung auch beim Sekt zu sehen. Immerhin trägt ja jede Flasche der hier verkosteten Sekte im Laufe ihrer Produktion einen Kronenkork, nämlich zwischen Tirage und Degorgieren, wenn der Wein während der zweiten Gärung in der Flasche zum Sekt wird. Die Szigetis arbeiten übrigens ausschließlich nach der Champagnermethode, sowohl in der Eigenproduktion wie in der Lohnversektung.

Die Probe
Wir haben die Brüder Szigeti kontaktiert mit der Bitte, uns Probeflaschen von den Sekten ihrer Kunden zu besorgen. Von 15 Winzern kamen 17 Weine (16 Sekte und ein Frizzante), von den Szigetis selber 6 Sekte und 2 Frizzante.
Verkostet wurde – wie immer blind – in der Weinlounge in "Perkal’s WeinMarkt" in Wien-Landstraße durch das selbe Panel wie bei unserer Rotweinprobe in diesem Heft (siehe dort).

Dei Verkostung

Burgenländischer Sekt
(die Angabe auf dem Etikett ist vorgeschrieben.)

Gramm/Liter Bezeichnung
0–3 naturherb, brut nature, dosage zero
0–6 extra herb, extra brut, extra bruto
0–15 herb, brut, bruto
12–20 extra trocken, extra dry, extra seco
17–35 trocken, sec, secco, asciutto, dry, seco
33–50 halbtrocken, demi sec, abboccato,
medium dry, semi dry
über 50 mild, doux, dolce, sweet, dulce*)
*) Anstatt der Begriffe "mild" usw. kann der Gehalt an Zucker über 50 g/l auch in g/l angegeben werden,.
Die Angabe ist freiwillig.
0–35 trocken
33–50 halbtrocken
über 50 mild

93 Punkte
Szigeti Muskat-Ottonel Extra Dry, Gols, 12,5%
Klare, feine Muskatfrucht, klar fokussiert, wenn auch ein wenig breiter als die sonstigen Szigeti-Sekte; feine Frucht, Eibischteig, dezente, aber gut passende Restsüße, in seiner Art absolut herrlich, groß.
Szigeti Riesling Brut, Gols, 12,5%
Ungemein feine, klare, feinziselierte Steinobstnase, einer der schönsten überhaupt; wunderbar klare Frucht mit einem Hauch von Passionsfrucht, ein Schmeichler, zum Eingraben schön, ganz ausgezeichnet.

91 Punkte
Schwalbenbrut de Brut, Schwalbenhof Guttmann, Weiden/S.
Ungemein reife, abgründig tiefe Nase, da orientiert man sich merklich an einer bekannten französischen Schaumweinregion; sehr zartes Mousseux, fein und gereift, wunderschöne, passende Süße, jetzt à point, für Liebhaber ausgereifter Schaumweine.
Juris Brut, Gols, 12,5%
Dezente Haselnuss; feine, reife Frucht, wunderschöne Balance zwischen Frische und Reife, elegante, tiefe Harmonie, ausgezeichnet.
Szigeti Weißburgunder Brut, Gols, 13%
Wunderbar klarer, feiner, an Blüten erinnernder Duft; feingliedrige Aromatik trotz kraftvollem Körper, sehr harmonisch, ganz ausgezeichnet.
Szigeti Welschriesling Brut, Gols, 13%
Ein wenig verhaltene, noch sehr jugendliche Nase; knackige Frische, saftig, sehr fein und pikant, dennoch erstaunlich lang.

90 Punkte
Grüner Veltliner Brut, Burda, Gols
Etwas eigenwillig-pikante Paprikawürze; einfachere, aber sehr süffige Frucht, hinten erstaunlich kraftvoll und lang.
K Sekt Brut, Michael Kast, Neusiedl, 12%
Hell und frisch; gute Perlage, kraftvoller Zitrusbiss, kernig und frisch, herrlicher Terrassensekt.
Hans Moser Extra Brut, St. Georgen, 12%
Schöne, tiefe, komplex-aldehydige Nase; ausgereift und komplex, dabei mit knackiger Frische, kompromisslos, aber wirklich gut.

89 Punkte
2000 Birkenhof Jubiläumsfüllung, Gelber Muskateller Brut, Gols, 13%
Sehr eigenwillig, fast stechende Muskatpikanz, die Frucht kämpft tapfer gegen die Reifefurchen; am Gaumen wesentlich harmonischer, fein gereifte Frucht, nicht süß, aber auch nicht beintrocken, saftig und lang.
Neufeldacker Welschriesling Brut, Franz Klein, Illmitz, 13%
Reif, aber dennoch noch merklich hefig (aber keineswegs unangenehm); knackig, saftig, süffig und straff, sehr trocken.
Kummer-Schuster Riesling Brut, Halbturn, 12,5%
Ein wenig staubige Steinobstfrucht; mineralische Frucht, sehr solid, fast ein wenig streng, aber dafür hat er Charakter und Profil, knackig hintendrein.
89 Szigeti Frizzante Mediterran, Gols, 10,5% (MT, WR)
Sehr frische, feingliedrig-verwobene, duftig-strahlende Nase mit dezenten Steinobstnoten; dezente, gut eingebundene Süße, ein feiner Frühstücksfrizzante.

88 Punkte
Leitnerhof Sekt Brut, Gols
Kräftigeres Gelb; reifere Frucht, ein wenig ins Exotische gehend, am Gaumen merklich süß, für "Brut" fast zuviel des Guten, dennoch nicht schlecht.

Uhudler Brut, Angela & Josef Pail, Heiligenbrunn, 12%
Dunkelrosé; erztypische, leicht gscherte, aber umso intensivere Erdbeernase; wie schon der Grundwein eine absolute Kuriosität, sehr gut gemacht, aber dennoch nicht jedermanns Sache.
Szigeti Cuvée Prestige Brut, Gols, 12,5% Hellrosé(?);
zarte, wenn auch recht komplexe Frischenase; sauber, geradlinig, herzhaft, ein guter Allrounder.
Szigeti Frizzante Top Cuvée, Gols, 11,5% (SB, SÄ)
Feine Frischpikanz, der Sämling kommt fast rieslinghaft heraus; zarte Würze, sehr feine Perlage, lebendige Säure, herzhaft und ein wenig rustikal.

87 Punkte
Cesario Frizzante, Kirnbauer, Deutschkreutz, 11,5%
Tieferes Gelb; reif und nussig, irgendwie nicht ganz das, was man sich unter einem Frizzante erwartet; auch am Gaumen schon recht weit entwickelt, eher eine Kuriosität.
Leberl Brut, Großhöflein, 12,5%
Würzepikanz, die in die Nase steigt; solide, klare, saftige Frucht, ein wenig rustikal, wenn auch knackig.
2000 Dankbarkeit Haussekt, Josef Lentsch, Podersdorf, 14%
Helles Kupfer (Pinot Gris?); eigenwillige Nase, Vanille (Holz?); wuchtig, extrakt- (und wohl auch rest-)süß, sehr eigenwillig.
Mousseux de Luxe Kadarka trocken, Gebr. Schmidt, Podersdorf
Feine mineralische Frucht, die positiv an Sämling erinnert; kraftvoll-kerniger Säurebiss, Zitrus, die hohe Dosage ist dadurch kaum merklich, eigenwillig, aber nicht uninteressant.

86 Punkte
K Frizzante, Michael Kast, Neusiedl, 11,5%
Gutes, stetig fließendes Mousseux; eher verhaltene Nase; eher neutral am
Gaumen, sehr kühl für den Sommer.

84 Punkte
Straßenacker Riesling Brut, Franz Klein, Illmitz, 13,5%
Etwas diffuses Steinobst; grün-unreife Einsprengsel, wenig Frucht, wenig Charme.
Szigeti Zweigelt Extra Dry, Gols, 13,5%
Mittleres Rubin; sehr eigenwillige Nase, wenig Frucht; eigenwillig süßlich, kaum Frucht, nur Zucker, eine Kuriosität, von der man sich fragt, wer das trinken soll.
Agendo Discere Brut, Weinbauschule des Landes Burgenland, Eisenstadt, 12,5%
Ein wenig diffus, zart gerüchig; gute Würze, aber hinten unfein bittrig, da hat offenbar der Grundwein schon leise Probleme gehabt.