Vater, Mutter, … Grüner Veltliner

Lange Zeit galt die Mutterrebe des Grünen Veltliners als unbekannt: Die St. Georgener Rebe ist neben einem Ur-Traminer die fehlende Rebsorte in der GV-Genetik.

Im Mai 2000 wurde die bislang verschollen geglaubte Rebsorte von Michael Leberl (wieder-)entdeckt. Hans Moser jun. und Hans Moser sen. setzten sich in Folge für die Rettung dieses Rebstocks ein und waren bei der Pflege dieser Rarität führend. Nach eingehender Recherche fand man heraus, dass der Fundort, ein historischer Weingarten, seit 1580 nicht mehr als solcher in den Katastern aufschien.

In der Zeit zwischen dem 11. und dem 14. Jahrhundert gehörte die landwirtschaftliche Fläche dem Benediktinerkloster Kirchberg am Wechsel.

Die Reaktionen auf diesen einzigartigen Rebstockfund fielen sehr unterschiedlich aus: Von einem Bejubeln des Sensationsfunds aus Vorreblauszeiten bis hin zur Infragestellung des tatsächlichen Alters dieses „Buschen“ reichte das Spektrum. Der Standort des Rebstocks wurde daher lange Zeit geheim gehalten, um möglichen Vandalismus zu verhindern. Typisch österreichisch, wurde ein Verein gegründet – Freunde der St. Georgener Rebe. Dieser übernahm die Patenschaft und setzte mithilfe von Spenden erste Schritte um. Dem konsequenten Vorantreiben der Familie Moser ist zu verdanken, dass nach wissenschaftlicher Analyse des Forschungsinstituts der Weinbauschule Klosterneuburg und Ferdinand Regner heute Gewissheit darüber besteht, dass diese St. Georgener Rebe die fehlende Sorte in der Genetik des Grünen Veltliners ist.

Die ersten Verkostungserfahrungen beruhen auf Mikrovinifikationen von weniger als zwei Litern. Der Autor durfte die Entwicklung von Beginn an mitverfolgen. Nach mehrjähriger Pflege des Rebstocks führte man mit der Reb­schule Scheiblhofer eine Vermehrung durch. Seit 2012 wurden jedes Jahr rund 300 Reben in der Ried Viehtrift (angrenzend an den Standort der Urrebe) ausgepflanzt. Nach dieser ersten Phase der Wieder-Bewirtschaftung der Rebe und sämtlichen notwendigen Analysen (virusfrei etc.) wird nun gemeinsam mit Weinbauern anderer österreichischer Weinbaugebiete (Weingut Jäger, Wachau, Rainer Wess, Kremstal) versucht, das Potenzial der Rebsorte auszuloten. Parallel soll die Selektion einer eigenen Hefe für die Vinifikation vorangetrieben werden.

Eine Verkostung am 14. Jänner 2020 ermöglichte eine Vertikalprobe aller bislang gekelterten Weine. 2013 wurden zwei Liter und 2014 rund acht Liter Wein gekeltert. Ab 2015 wurden zwischen 300 und 1.000 Liter/Jahr vinifiziert. Das Resümee der Verkostung: Man kann das Potenzial der Rebsorte erkennen. Während die ersten beiden Jahrgänge aufgrund der Mikrovinifikation mehr betreffend Grundtendenz von Aromatik und Säure zu beurteilen waren, bieten die jüngeren Jahrgänge bereits Charakter und vielversprechende Aromanuancen.
georgirebe.at

2019 St. Georgener Rebe, Fassprobe, Hefeselektion aus Weingarten 92
Ausgeprägte reife Frucht, dicht und straff, lebendiger Trinkfluss, fruchtiger Abgang. jugendliche Aromatik, CO2, lebendig, fruchtig am Gaumen, feiner Gerbstoff

2018 St. Georgener Rebe, Hefeselektion aus Weingarten 93+
Helle Farbe, intensive Aromatik, Rancio, kandierte Noten, gelbfruchtig, stoffig, balanciert, straffe Textur, fruchtig-pikanter Abgang, langer Nachhall, Finesse

2017 St. Georgener Rebe 91+
Helle Farbe, leichte Reduktionsnoten, reife Frucht, kandierte Noten, Birne, kräftiger Wein, balanciert, gut stützende Säure, präsenter Gerbstoff im Abgang, gute Länge

2016 St. Georgener Rebe 93
Helle Farbe, komplexe Anklänge, Kräuter, Limette, kandierte Orange, kräftiger Wein, balancierte, harmonische Struktur, lebendiger Trinkfluss, Grapefruit-Bitterkeit im Abgang, gute Länge

2015 St. Georgener Rebe, 300 Liter Ertrag 91
Helles Gelb, nuanciertes Bukett, leichte Würze, Pomelo, straff, dicht, stoffiger Wein, balancierte Textur, feiner Gerbstoff im fruchtigen Abgang, gute Länge

2014 St. Georgener Rebe, Mikrovinifikation Klosterneuburg,, ca. 8 Liter Produktion 91+
Helles Gelb, dezentes Bukett, leicht fruchtige Noten, Grapefruit, grüner Apfel, straff, mittlerer Körper, dicht und leben­dige Struktur, engmaschiger Wein, fruchtig-pikanter Abgang

2013 St. Georgener Rebe Mikrovinifikation Klosterneuburg,, ca. 2 Liter Produktion 91
Helles Goldgelb, reife, leichte Birne, Sherry, leicht würzig, straffe, lebendige Struktur, gut stützende Säure, leichter, gut balancierter Gerbstoff, „pikantes“ Finish