Was tut Bordeaux in Kalifornien?

1979, also vor nunmehr 32 Jahren, haben zwei der bekanntesten Menschen der Weinszene, Baron Philippe de Rothschild aus Bordeaux und Robert Mondavi aus Kalifornien, ein höchst prestigeträchtiges Joint-Venture-Projekt ins Leben gerufen:

Was tut Bordeaux in Kalifornien?

Opus One, ein gemeinsames Weingut im Napa Valley.
Text von Michael Prónay Foto: Philipp Horak
Blenden wir zurück ins Jahr 1981. Im Juni, auf der allerersten Vinexpo in Bordeaux, gibt es als Teil des Stands von Baron Philippe de Rothschild einen kleinen Pavillon auf einem Podest; innen sind alle Künstleretiketten seit 1945 ausgestellt. Man geht herum und schaut sie sich an, wird aber plötzlich – wenn auch auf auf höflichste Art und Weise – gebeten, den Raum zu verlassen. Man wundert sich, steigt die paar Stufen hinunter und sieht, warum: Philippe Rothschild kommt mit Robert Mondavi, um seinem Partner eine kleine Führung durch die Etikettenausstellung zu geben.
Nun, die beiden Gründer des inzwischen knapp 70 Hektar großen Weinguts (55 davon im Ertrag) sitzen schon seit etlichen Jahren mit ihrem Erzeuger an der Tafel. Was sie von dort oben sehen, dass sollte ihnen aber die Genugtuung geben, ein wirklich einmaliges Projekt ins Leben gerufen zu haben. Zwar gehört Mondavi seit 2004 zum Welt-Getränkekonzern Constellation Brands, aber dessen Verantwortliche hüteten sich – völlig zu Recht –, sich in irgendeiner Weise in die Geschäftsführung einzumischen. Auf der Rothschild-Seite ist es nach wie vor Baronesse Philippine de Rothschild, inzwischen auch schon in ihren Siebzigern, die seit dem Tod ihres visionären Vaters im Jahr 1988 die Interessen des Hauses vertritt.
Opus One ist seinerzeit angetreten, sowohl in Sachen Architektur (der moderne Bau ist inzwischen Tourismus­magnet im Napa Valley) wie auch in Sachen Wein Maß­stäbe zu setzen. Der erste Jahrgang war 1979, damals noch bei Mondavi vinifiziert. 1991 wurde die neue Kellerei bezogen. Sowohl Weingarten- wie Keller­management wurden ganz in bordeleskem Stil betrieben, die letzten Entscheidungen trafen die Spezialisten von Mouton-Rothschild, natürlich in Absprache mit den Mondavi-Leuten. Seit 2004/05 gibt es mit David Pearson erstmals einen Alleingeschäftsführer (neudeutsch CEO, Chief Executiv Officer) und seit 2001 mit Michael Silacci einen alleinverantwortlichen Kellermeister. Letzterer war kürzlich in Wien, in Begleitung von Roger Asleson, dem PR-Direktor des Hauses.
Der Stil der Weine
Der Rebsortenmix ist ganz eindeutig Médoc-geprägt: Es dominiert der Cabernet Sauvignon (81%), gefolgt von Merlot und Cabernet Franc (je 6%), Petit Verdot (5%) und Malbec (2%). Kostet man Opus One, fällt einem sofort eines auf: Das sind Weine, die so etwas von gar nichts mit dem gemeinsam haben, was kalifornischen Toproten praktisch überall so gerne nachgesagt wird; keine Spur von Wucht, Kraft, Üppigkeit und Opulenz, keine Spur von "Parkerisierung". Es sind Weine von absolut zeitloser Eleganz, zugänglich und dennoch von komplexer Anmutung; der Akohol ist absolut nicht spürbar.
Wir konnten uns die Frage nach alternativen Verschlüssen nicht verkneifen. Vom Schrauber hält man nichts ("Alles wird überreduktiv", was wir hierzulande nicht bestätigen können), dafür wird seit heuer bei Großformaten (von der Magnum aufwärts) jeder einzelne Kork aufwendig auf Fehlerfreiheit getestet.
Verkostet haben wir – im Gegensatz zur hierzulande üblichen Reihenfolge – von reif nach jung: "Je jünger die Weine sind, desto intensiver und straffer sind sie", begründet Silacci die Vorgangsweise.
1991 (13,5%) Reste des Depots einer Magnum vom Vortag. Michael Silacci wollte gar nicht kosten lassen, aber wir bestanden darauf. Wunderschön gereift, kaum Oxidation spürbar, zeigt nach wie vor viel Finesse und elegante Frucht.
2001 (14,2%) Michael Silaccis erster Jahrgang. Leuchtendes Granatrot; herrlich komplexe Beerennase, wunderschön entwickelt, tief, konturiert, voller Charme; saftig, wunderschöne Balance, absolut zeitlos, klassisch, wunderschön, 95.
2005 (14%) Rubinrot, zarter Granatrand; feine, jugendliche Nase, Cassis, am Beginn der Entwicklung stehend, komplex und wiederum elegant; feingliedrig und doch präsent, wunderschöne Länge, 93.
2006 (14,4%) Rubinrot bis zum Rand; saftige, klare, junge Cassisnase; saftig, noch ein wenig verschlossener als 2005, aber sehr gute Ansätze, die Gerbstoffe sind noch recht deutlich spürbar, gesicherte Zukunft, 92.
2007 (14%) Das ist der Jahrgang, der von Opus One aktuell auf dem Markt ist. Rubinrot, zart violetter Rand; saftig, dicht, tief, komplex, feine Cassisnoten, jung, aber sehr vielversprechend; saftig, schöne Frucht-Tannin-Spannung, dichter Stoff, ruhige Größe, toll, 94.
Opus One ist in Österreich in der Vinothek St. Stephan in Wien erhältlich, der 2007er kostet 292 Euro, der 2004er in der Magnum 568 Euro.