Wein im Bier, das rat´ich Dir

Die Kreativität der Braumeister kennt keine Grenzen mehr. Nun wird sogar schon Bier mit Wein oder Weinbestandteilen gebraut, ein ökumenisches Mischgetränk sozusagen, ein fächerübergreifendes Brauwerk.

Text von Florian Holzer Foto: Brauhaus Gusswerk

Mit dem Internet kann man großen Spaß haben. Etwa, wenn man nach Ursprung und Sinn des bekannten Kalenderspruchs „Bier auf Wein, lass das sein; Wein auf Bier, das merke dir“ sucht. Da wird einem etwa ein Herr Heinrich Alwin Münchmeyer angeboten, 1908 bis 1990 in Hamburg lebend, Unternehmer und unter anderem Präsident des deutschen Industrie- und Handelstages, der diesen Reim erfunden haben soll. Auch melden sich Mediziner zu Wort, die natürlich generell vor der Schädlichkeit des Alkohols warnen, außerdem aber erklären, dass die Vergiftung des Körpers weniger heftig ausfalle, wenn man mit dem weniger alkoholischen Bier beginne und mit dem höhergradigen Wein fortsetze. Interessant. Ein anderer Weiser kann berichten, dass man schneller betrunken würde, wenn man durcheinander trinke und daher ohnehin den ganzen Abend beim gleichen Getränk bleiben solle. Oder eine Sommelier-Ausbildung machen. Und historisch gebildete Internet-User wiederum erläutern geduldig, dass das alles aus dem Mittelalter stamme, als nämlich Bier gesellschaftlich minder-, Wein indes höherwertig war und der Sinnspruch somit eine Anleitung zum sozialen Aufstieg darstelle. Nette Geschichte.

Mit der Wahrheit hat das jedenfalls alles recht wenig zu tun, wie auch Ernährungsphysiologie-Spezialist Professor Wolfgang Marktl bestätigt, bei alkoholischen Getränken gäbe es nämlich keinerlei physiologisch empfohlene Einnahme-Rangfolgen.

Von Winzern weiß man, dass sie nach getaner Verkostarbeit ganz gern die Herbe des Hopfens benutzen, um den ermüdeten Gaumen wieder ein bisschen zu erfrischen, önologische Versuche, Wein und Bier – absichtlich und vorsätzlich – miteinander zu mischen, sind der Literatur allerdings nicht bekannt. Das schaut bei den Brauern anders aus, da wird seit ein paar Jahren alles einzubrauen versucht, was irgendwie gärfähig scheint, also natürlich auch Weintrauben, Most und Wein. Die belgische Brauerei Cantillon etwa verwendet neben vielen anderen Früchten auch sizilianische Moscato-Trauben für ihre Bio-Lambic-Biere, ihr Trauben-bier „Vigneronne“ wird bereits seit 1987 gebraut. Ebenfalls aus Belgien kommt das Chateau d’YChouffe der Brauerei Chouffe aus den Ardennen, wo seit vergangenem Jahr Most einer zwei Hektar großen Sauternes-Anlage mitgebraut wird, was ein immerhin 9%iges Süßwein-Bier ergibt. Die amerikanische Kult-Craft-Brewery Dogfish Head braut in ihr „Sixty-One“ kalifornischen Syrah-Most ein und auch die Kreativ-Brauer in Italien konnten der Versuchung nicht widerstehen: LoverBeer aus Marentino bei Turin lässt für das „d’uva Beer“ Freisa-Most mitgären, die junge Berg-Brauerei Birra del Borgo südlich von L’Aquila geht für ihr „L’Equilibrista“ sogar noch weiter: Sangiovese-Most aus Montepulciano und Bier-Würze werden hier zu gleichen Teilen gemischt und vergoren, dann in Flaschen gefüllt, mit Liqueur de Tirage versehen und in der Flasche noch ein zweites Mal vergoren. Das 10,9-Volumsprozent-Getränk kommt auf knapp 25 Euro pro Flasche. Und auch in Österreich gibt es durchaus Projekte, die beiden Nationalgetränke auf die eine oder andere Art und Weise miteinander zu harmonisieren.

Wolfgang Dietrich von der kleinen Leutschacher Brauerei war da wohl der erste, der das probierte, sein „Weinbier“ gibt es schon seit 2009, nachdem Leutschach an der Weinstraße liege, hätte sich die Idee quasi angeboten, sagt er. Er ist einer der wenigen, der für das Weinbier fertigen Wein in sein „RossNatur“ einbraut, Menge und Verfahren sind ein Braugeheimnis, aber dass Bier sehr sensibel auf solche Beigaben reagiert, verrät Wolfgang Dietrich dann doch, dass es vor allem auf den Jahrgang des Weins ankomme und dass der Wein das Bier ja auch nicht verfälschen solle, ebenfalls. Dietrichs Weinpartner ist Erwin Sabathi, im aktuellen Weinbier wird Weißburgunder 2012 verwendet, im nächsten Sud komme der 12er Morillon zum Zug. Und so mischt sich bei diesem in 0,75-Liter-Flaschen gefüllten Bier eine zartwürzige Hopfenbittere mit kräftig-malzigen Aromen und einer fruchtig-blumigen, sehr dezenten Wein-Note. Weitaus unproblematischer, als man glauben möchte.

Im Hofbräu Kaltenhausen, der kleinen, feinen Experimental-Brauerei der Brau-AG in Hallein, hat man ebenfalls ein Trauben-Bier im Programm, das Limited Edition Riesling Style. Im Zuge der Verlagerung der Erzeugung konventioneller Biere in andere Großbrauereien des Konzerns verlegte man sich in Kaltenhausen auf Kleinserien, von denen alle vier Monate ein Sud gebraut wird. Das Riesling-Pils, vergangenes Jahr erstmals unter Verwendung von Rieslingtrauben und Weinhefe gebraut und rasch vergriffen, kommt heuer im April übrigens noch einmal ins Programm, heißt es, und das sei keinesfalls selbstverständlich. Rieslingmost sei dafür im Herbst mit Bierwürze versetzt und etwa zu zwei Drittel vergoren worden, erklärt Braumeister Günther Seeleitner, „die Weinhefe hat sich da am Anfang zwar etwas gesträubt, hat das dann aber geschafft“. Dieses „Konzentrat“ werde nun mit Bier verdünnt, bis der Mostanteil etwa 20% ausmache.

Reinhold Barta, in der Brauerei Gusswerk einer der profiliertesten Vertreter der österreichischen Craft- und Kreativbier-Szene, wollte jedenfalls keine Mischung zwischen Wein und Bier, „das haben schon viele versucht …“, lacht Roland Rakar, Gast-ronomie-Leiter im Gusswerk. In der Demeter-Brauerei versuchte man die Harmonisierung der beiden. Barta braute also Bierwürze, vermischte sie etwa zu gleichen Teilen mit biodynamischem Traubensaft von Meinklang, startete das Ganze mit Bierhefe und ließ es dann mit leistungsfähiger Sekthefe fertig gären. Das Ergebnis ist ein bernsteinfarbenes, samtig-trübes Bier mit strahlend weißem Schaum und proseccoartigem Prickeln. In der Nase lässt das „Cerevinum“ beide Gattungen erkennen, am Gaumen dominieren die forsche Fruchtigkeit und der Zucker des Traubensaftes.

Wein in Bier, das rat ich dir jedenfalls ebenso wie Bier nach Wein, und dass diese drei interessanten Biere die letzten Hybriden ihrer Art sein werden, ist wohl höchst unwahrscheinlich.

Adressen

Die Brauerei.com
Schillerplatz 3, 8463 Leutschach
Tel.: 0699/10 43 87 49
www.diebrauerei.com
Weinbier, 0,75 l um € 9,–

Brauerei Gusswerk
Römerstraße 3, 5322 Hof bei
Salzburg, Tel.: 06229/397 77
www.brauhaus-gusswek.at
Cerevinum, 0,75 l um € 14,90

Hofbräu Kaltenhausen
Salzburger Straße 67, 5400 Hallein
Tel.: 06245/795
www.kaltenhausen.at
Limited Edition Riesling Style, 0,33 l, derzeit vergriffen