Weiße Juwelen

Hinter autochthonen Rebsorten- Raritäten wie Neuburger, Scheurebe und Sylvaner – warten einzigartige Aromawelten darauf, erobert zu werden.

Text & Verkostung von Willibald Balanjuk

Zum wiederholten Male hat A la Carte eine Grand-Cru-Probe zum Thema „Altösterreich – autochthone Rebsorten und Raritäten“ ausgeschrieben. Verkostet wurden 143 Weine aus den Jahrgängen 2022 bis 2019, die in acht Kategorien unterteilt wurden. Die Jahrgangsschwankungen fielen innerhalb dieser seltenen ausgepflanzten Rebsorten erwartungsgemäß gering aus. An der Spitze konnten sich jene Winzer etablieren, die sich auch auf die jeweilige Rarität spezialisiert haben.

Der Gemischte Satz konnte sich in den letzten 15 Jahren im Handel wie auch in der Gastronomie etablieren. Einen wesentlichen Anteil am Erfolg hat der Wiener Gemischte Satz. Die Bandbreite der Stilistik und Aromatik macht diese Kategorie äußerst variantenreich. Sowohl Grüner Veltliner als auch Burgunderrebsorten werden als prägende Komponenten für den Gemischten Satz eingesetzt. Wien hat in seinem Gemischter-Satz-DAC-Konzept die größte Bandbreite und legt auch seit Jahren die qualitative Messlatte vor.

In der Kategorie 1 – Gemischter Satz 2022 hat das Rote Haus mit seinem Wiener Gemischter Satz DAC Ried Langteufel einen sensationellen Wein auf Basis von Burgunderrebsorten gekeltert.

Die 2. Kategorie – Gemischter Satz 2021 bis 2019 geht ebenfalls nach Wien. Das Weingut Cobenzl hat mit seinem 2021 Riede Steinberg aus Grinzing einen tollen traditionellen Gemischten Satz gekeltert. Grüner Veltliner, Riesling, Weißburgunder, Chardonnay und Rotgipfler stehen in dieser Lage und charakterisieren einen komplexen und engmaschigen Wein.

Der 2022 Rote Veltliner (es sind rund 200 ha ausgepflanzt) der Kategorie 3 und die reifen Vertreter der Jahrgänge 2021 bis 2019 der Kategorie 4 sind fest in Wagramer Hand. Josef Fritz und seine Kollegen Ecker vom Eckhof sowie Harald Ernst haben mit der Riede Steinberg eine perfekte Lage für die Rebsorte. Die Kombination aus Kalk, Löss und Ton garantiert seit Jahren konstante Qualitäten.

Die 5. Kategorie – Rotgipfler von 2022 bis 2019 steht für die Thermenregion. Rotgipfler (rund 110 ha sind ausgepflanzt) ist eine natürliche Kreuzung aus Traminer und Rotem Veltliner. Damit finden sich aromatisch einige Parallelen zu den vorigen Kategorien, aber die Mehrheit der Rotgipfler-Weingärten in der Thermenregion ist durch höheren Kalkanteil im Boden gekennzeichnet.

In der 6. Kategorie – Zierfandler sind nur mehr ca. 65 ha ausgepflanzt. Die Mehrheit der Reben steht in und um Gumpoldskirchen. Die Aromatik der Rebsorte vereint präzise Fruchtnoten wie jene des Rieslings und die gelbe, reife Frucht wie die von Burgundersorten und Rotem Veltliner. Die Winzer der Thermenregion, darunter Stadlmann, Reinisch und Piriwe, meistern die Rebsorten in Perfektion.

Die 7. Kategorie – Neuburger, von dem rund 250 ha ausgepflanzt sind, hat in den letzten 20 Jahren stark an Fläche eingebüßt. Man findet ihn in der Wachau, der Thermenregion und am Leithaberg. Erwin Tinhof pflegt diese Rebsorte seit Jahrzehnten in seiner gesamten Bandbreite.

In der Kategorie 8 – Rebsortenvielfalt waren Furmint, Sylvaner, Müller-Thurgau, Muskat Ottonel und Sämling 88 eingereicht. Auch ein Viognier hat es in
die Verkostung geschafft. Rust hat eine Renaissance dieser traditionellen Rebsorte angefacht. Heute stehen wieder rund 30 ha in Österreich, wobei 27 ha im Burgenland zu finden sind. Günter und Regina Triebaumer pflegen die Rebsorte seit langer Zeit, eine Vi­ognier-Überraschung lieferte das südoststeirische Weingut Herrenhof Lamprecht. Die anderen Rebsorten tragen mehr die Handschrift der Winzer und sind geprägt von der Art der Vinifizierung, wie z. B. der maischevergorene Muskat Freyheit von Gernot und Heike Heinrich.

Resümee: Die autochthonen Rebsorten verbreitern die Aromavielfalt des österreichischen Weißweins. Viele Rebsorten sind nur mehr auf sehr geringer Fläche vorhanden. Die Qualität der verkosteten Weine war aber auf höchstem Niveau, und das Reifepotenzial der Weine ist grandios. Daher kann man Weinliebhaber nur auffordern, auch diese Juwelen zu genießen. —

Zu den Bewertungen:
Kategorie 1 – Gemischter Satz 2022
Kategorie 2 – Gemischter Satz 2021 bis 2019
Kategorie 3 – 2022 Rote Veltliner
Kategorie 4 – Rote Veltliner 2021 bis 2019

Kategorie 5 – Rotgipfler 2022 bis 2019
Kategorie 6 – Zierfandler
Kategorie 7 – Neuburger
Kategorie 8 – Rebsortenvielfalt