Welschriesling

Sein Weg vom Zechwein zum Universal Player & zurück zur burgenländischen Spezialität.

Foto von ÖWM/WSNA
Text von Willi Balanjuk

Der spät reifende Welschriesling hat in Österreich eine lange Tradition. Vom einfachen Zechwein, als Grundwein für Sekt, bis hin zur perfekten Botrytis-­Rebe – die Rebsorte hat all diese Rollen im Repertoire. Die heute rund 3.000 ha Rebflächen für Welschriesling sind der Rest der einst zweitwichtigsten Rebsorte Österreichs. Anfang der 1990er standen allein im Burgenland mehr als 3.000 ha. In den Weingärten des Burgenlands, gesamt rund 11.800 ha, sind heute nur noch ca. 1.000 ha Welschriesling gepflanzt. Wie kam es dazu, dass Welschriesling heute als „Spezialität“ angesehen wird? In den boomenden 1990er- und 2000er-Jahren wurden fast nur Rotweinsorten ausgesetzt. Und wenn schon einmal Weißweinreben selektioniert wurden, dann eher Chardonnay oder aromatische Rebsorten. Der Trend verlangte gehaltvolle und Barrique-vinifizierte Weine. Durch Global Warming, die starke Entwicklung zu regionaler Herkunft und den Trend zu traditionellen Rebsorten stehen Furmint und auch Welschriesling heute wieder hoch im Kurs. Dazu kam die Raw-Wine-Entwicklung der letzten zehn Jahre, für die sich der Welschriesling auch wunderbar eignet.

Am Eisenberg, wo diese Rebsorte traditionell stark vertreten war, stehen heute 75,5 ha. Sowohl reinsortig als auch als wichtiger Bestandteil von Cuvées oder ­Gemischtem Satz kann der Welschriesling brillieren. Aromatisch fruchtgeprägt, mit grünem Apfel, Zitrus und Pomelo-Noten ausgestattet, kann die Komplexität über alte Reben, Maischestandzeiten, Hefe-Management und nicht reduktiven Ausbau großartige Dimensionen erreichen. Unvergesslich bleibt eine Blindver­kostung, bei der der südburgenländische Welschriesling Ried Prantner 2015 von Straka in einer Chablis-Probe nicht nur qualitativ mithalten konnte, sondern von den meisten erfahrenen Verkostern als Chablis 1er Cru oder Grand Cru angesehen wurde.

Vor allem der Rechnitzer Raum und einige Lagen am Eisenberg ermun­terten viele Winzer wie Uwe Schiefer, Straka, Wachter Wiesler, Krutzler, Stubits, Tallian und Arkadenhof Mandl-Brunner, diese Rebsorte für sich neu zu definieren. Im Mittelburgenland stehen nur rund 20 ha Welschriesling, wahrgenommen wird hier etwa der weiße Querschnitt von Wellanschitz, bei dem Chardonnay, Grüner Veltliner und Welschriesling verarbeitet werden.

Am Leithaberg und in Rust mit rund 280 ha stand der Welschriesling, ähnlich wie in der Steiermark, für den Einstiegs- und den Buschenschank-Wein und fand in der Prädikatswein-Produktion Verwendung. Durch den Generationswechsel und die Definition neuer Weinstile bietet die Rebsorte nun neues und vielversprechendes Potenzial. Die jüngere Generation des Weinguts Sommer zum Beispiel hat neben Chardonnay den Fokus auf Welschriesling gelegt. Hannes Schuster sieht die Rebsorte in seinen Cuvées Aus den Dörfern und Dorfkultur als wichtigen Bestandteil neben Furmint und Grünem Veltliner. Weingüter wie Feiler-Artinger oder Gut Oggau keltern die Rebsorte reinsortig oder als Cuvée im Stile eines maischevergorenen Weins. Heidi Schröcks Welschriesling Weiße Löwen und jener von Markus Schuller waren die ausgezeichneten, traditionellen Welschrieslinge der Region. Die Region Neusiedlersee mit knapp über 600 ha keltert die Reb­sorte mehrheitlich als Prädikatswein. Heinz Velich ist einer der wenigen, die dem Welschriesling schon seit langer Zeit eine große Zukunft auch im trockenen Weinstil verheißen. Sein reinsortiger Welschriesling und die Cuvée TO (CH/WR/SB) keltert er als hochwertigen Speisenbegleiter im trockenen Stil – ­natürlich vinifiziert auch er eine außergewöhnliche WR-Trockenbeerenauslese. Der legendäre Alois Kracher hat immer vom Welschriesling als eine der größten Rebsorten für Botrytis-Weine geschwärmt. Wer jemals die Chance hatte, seine 1981er- oder 1991er-Welschriesling Trockenbeerenauslesen zu probieren, kann das zu 100 Prozent nachvollziehen.

A la Carte hat in Kooperation mit der Wein Burgenland diese Welschriesling-Verkostung ausgeschrieben. Es wurden vier Kategorien definiert. In der 1. Kategorie sollten die fruchtbetonten Vertreter der Jahrgänge 2020 und 2021 verkostet werden. 43 Weine wurden eingereicht und Südburgenland hat dabei knapp die Nase vorn. Mit Ausnahme von Uwe Schiefer, der 12 Euro für diesen Wein ab Hof verrechnet, kosten alle anderen zwischen 6 und 7,50 Euro. Das macht den Welschriesling auch zum Preis-Leistungs-Hit. Der Jahrgang 2021 ergab hochreifes Traubenmaterial, und viele der Weine leben von der reduktiven, fruchtfokussierten Weinbereitung und ­etwas Kohlensäure – wunderbare Weine für den Sommer und zur Jause. Die besten Weine überzeugten durch zarten Gerbstoff und Länge mit Frucht im Nachhall.

Die 2. KategorieWelschriesling gehaltvoll aus den Jahrgängen 2021 und 2020 – war mit 15 Weinen bestückt. Hier legt Thomas Straka mit seinem Welschriesling Ried Prantner aus Rechnitz die Latte sehr hoch. Die Trauben für diesen Wein werden aus alten Reben selektioniert und traditionell vinifiziert. Das Niveau der Herausforderer ist ausgezeichnet, das Geschmacksbild aber sehr unterschiedlich. Von holziger Würze unterlegter Frucht wie bei Krutzler bis hin zu leichten Reduktionsnoten beim Weingut Sommer und puristischer, ­tiefer Frucht wie bei Heidi Schröck & Söhne. Das Preisband geht hier weit auseinander. Die Weine kosten zwischen 7 und 35 Euro.

Die Kategorie 3 – reife Welschrieslinge, 2019 und ­älter – offerierte elf Weine. Alle Winzer, die in dieser ­Kategorie eingereicht haben, pflegen den höherwertigen, anspruchsvolleren Welschrieslingstil seit Längerem. Das Niveau der Weine spricht sowohl für das Qualitätspotenzial als auch für das Alterungspotenzial des Welsch­rieslings. Die Usual Suspects – Sommer, Uwe Schiefer, Straka und Mandl-Brunner – überzeugten mit Weinen aus den Jahrgängen 2019, 2017 bis 2015.

In der 4. KategorieWelschriesling „Raw“ – Alternative Vinifikation – wurden drei Weine gekostet. Alle drei waren ausgezeichnet. Der im Betonei gekelterte 2019 Welschriesling Ceres von StephanO verbindet Frucht­tiefe und feinsten Gerbstoff, der 2017er-Welschriesling O.S. Olé Bio von Kurt Feiler-Artinger würde als Orange Wine gelten und wird O(hne) S(chwefel)-Zugabe gefüllt. Der 2017 Welschriesling Handwerk vom Weingut Sommer verströmt markante Reduktionsnoten beim Öffnen. Mit Luft gewinnt dieser Wein von sehr alten Reben eine enorme Tiefe.

Resümee: Welschriesling kann mehr als „fruchtig-frisch“ und wird durch den Faktor Global Warming zu einer wichtigen Rebsorte für das Burgenland. Zum einen erlaubt Welschriesling eine Vielzahl von Weinstilen, vom süffigen, fruchtbetonten und trinkfreudigen Welschriesling über den ausdrucksstarken Rieden-Wein bis hin zu individuellen Meisterwerken, wo Herkunft und Winzer eine gekonnte Interpretation ergeben. Zum anderen darf das Potenzial für die Süßweinproduktion von Spätlese bis Trockenbeerenauslese nicht vergessen werden. Man kann daher dem Weinliebhaber nur empfehlen, sich auf die Suche nach diesen Weinen zu machen, denn ihr einziger Nachteil besteht darin, dass es nur sehr geringe Mengen davon gibt. —­

fruchtbetont, klassisch 2020 und 2021
gehaltvoll 2020 und 2021
gehaltvoll 2019 und älter
alternativ

© ÖWM/WSNA