Wie kommt der Stein in den Wein?

Die Begriffe „Mineralik“ und „Terroir“ sind in der Weinverkostungssprache allgegenwärtig. Wir haben acht Winzer befragt: „Wie kommt der Stein in den Wein?“

Text von Michael Prónay Fotos von Michael Reidinger

Urgestein“ in der Wachau? Wenn es unter den heimischen Winzern einen gibt, der das Prädikat „Geologieprofessor“ verdient, dann ist das Anton Bodenstein vom Weingut Prager in Weißenkirchen in der Wachau. Was lässt sich also über das Urgestein in der Wachau sagen? „Urgestein ist ein geologischer Un-Begriff, ich muss immer wieder lächeln, wenn der auf Etiketten auftaucht.“ Umgangssprachlich würde Urgestein sehr harten Stein beschreiben, etwa Granit, aber: „Granit gibt’s in der Wachau nicht.“

Wie sieht also die geologische Komposition der Wachau aus? „Höchst komplex. Der Hauptanteil ist Gneis in seinen Varianten – der Gföhler Gneis ist recht bekannt –, daneben gibt es Paragneise, Amphibolite, ab und zu auch Kalksilikat-Marmore.“ Wobei es zu unterscheiden gilt: Der Grundboden ist eine Sache, viel wesentlicher sind die Sedimente, Gesteinsablagerungen, die in unterschiedlicher Stärke darüberliegen. Es gibt drei Arten von Sedimenten: äolische (solche, die durch Wind angeweht wurden), fluviatile (diese wurden von Flüssen gebracht) und maritime (dort wirkte dereinst das Urmeer).

Interessant ist natürlich vor allem, wie sich Boden-Typen auf den Weingeschmack auswirken. „In den Weinbüchern wird immer wieder auf eine Linearität verwiesen, also ein bestimmter Fels oder Bodentyp ergibt typische Weincharakteristika.“ Und, stimmt das nicht? „Nun ja, nach meinem Kenntnisstand gibt’s natürlich grobe Anhaltspunkte wie pH-Wert des Bodens, den Kalk- und Tongehalt. Andererseits aber ist der Jahrgangs-Charakter, also der Wetterverlauf, wesentlich bestimmender und einschneidender.“ Außerdem gibt’s natürlich noch die lenkende Hand des Winzers, die den Weintypus entscheidend mitbestimmt: Laub- und Bodenmanagement, Lesezeitpunkt, physiologischer Reifezustand der Trauben und nicht zuletzt die Kellertechnik: Maischestandzeit, Gärführung (spontan oder Zuchthefen), Gärtemperatur, Ausbau in Stahl oder Holz. „Boden ist nicht statisch, sondern extrem dynamisch, ja volatil. Gut, wir machen Bodenproben, um ihn zu analysieren. Aber eine Analyse nach einem heftigen Regen und am selben Standort nach zwei Wochen Trockenheit bringt völlig unterschiedliche Resultate.“

Wie überhaupt die Art und Weise, wie Pflanze und Boden interagieren, eine höchst komplexe Sache ist. Der Ort ist die Rhizosphäre, das ist die engste Umgebung der Haarwurzeln der Rebe: „Dort begegnen uns Biosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre und Lithosphäre.“ In der Kapillare der Wurzeln finden sich Wasser, Luft, lebendige Partikel; chemische, physikalische und biologische Vorgänge laufen dort ab. Es ist ein extrem dynamisches Etwas, wo sich die Haarwurzel bewegt. Ionen werden aufgenommen, die Wurzel gibt Exsudate ab. Was sich da genau abspielt, ist übrigens intensiver universitärer Forschungsgegenstand.

„Dort, wo die Winzer es verstehen, mit der Rebe zu sprechen und auf den Boden einzugehen, erlaubt man der Rebe, sich zu verehelichen, dass sie vergnüglich im Ehebett liegt mit einem Pilz namens Mykorrhiza.“ Dieser Pilz liefert den Haarwurzeln Nährsalze, Wasser, Phosphat- und Eisenverbindungen. „Weine von solcherart verheirateten Rebbeständen sind nachhaltig, längerlebig, weniger oxidationsbereit“ – und brauchen also weniger Schwefel. Schlecht für die Pilzflora sind Bodenverdichtungen, wie sie beispielsweise auftreten, wenn man mit schweren Traktoren in noch feuchte Rebzeilen einfährt. „Der Boden braucht viel mehr Umsorge, als wir ihm zugestehen. Ich habe das Gefühl, der Pflanze geht es gut – oder nicht. Das müssen wir dem Winzer klarmachen, dass er da über Generationen arbeiten soll und muss. Ich selbst musste das alles erst erleben, um nach 27 Winzerjahren diese Zusammenhänge annähernd zu verstehen.“

Wie kommt es dann aber, dass man Herkünfte dennoch in der Blindprobe erkennt? „Na ja, diese Linearität kann es ja durchaus geben. Wenn alles stimmt: stressfreie Traubenproduktion, richtiges Laub- und Bodenmanagement, passender Wetterverlauf, optimaler Lesezeitpunkt, das ergibt dann durchaus terroir-typisches Traubenmaterial. Und wenn dann die Weiterverarbeitung auch stimmig fortgeführt wird, dann lässt der Wein eben seine Herkunft erkosten.“

Eisen im Eisenberg. Das Weinbaugebiet Südburgenland ist mit dem DAC-Gebiet Eisenberg identisch, es umfasst die politischen Bezirke Oberwart, Güssing und Jennersdorf. Der namensgebende Eisenberg liegt in Deutsch Schützen-Eisenberg, der südlichsten Gemeinde von Oberwart, direkt an der Grenze zu Ungarn, er ist ein Teil des Günser Gebirges. Schon in der Keltenzeit wurde dort Eisen abgebaut. Christoph Wachter vom Weingut Wachter-Wiesler weist auf die Unterschiede zum nördlichen Burgenland hin: „Das Klima ist deutlich anders. Zum einen gibt es keinen Fluss oder See. Zum anderen sind die Sonnenstunden zwar praktisch gleich, aber die Temperaturen sind doch deutlich kühler. Wir haben ein Jahresmittel von 9,3°C im Vergleich zu knapp 11°C am Neusiedler See.“

Aber auch der Boden ist anders: „Das ist reiner Grünschiefer, mit einer ganz dünnen Lehmschicht, und das macht unsere Weine – reine Blaufränkische – einzigartig: Sie sind finessenreich, zeigen eine kühle dunkle Frucht und eine irrsinnige Würze. Das kühle Klima kommt der Mineralität eindeutig zugute“, selbst in einem problematischen Jahrgang wie 2010: „Der hat ein mineralisches weißes Pfefferl, das ist wirklich extrem.“ Behagt dem Winzer die Erde seiner Reben? „Ich bin sehr glücklich über diese einzigartigen Böden, gepaart mit Klima und der Rebsorte ist das tatsächlich einzigartig.“ Seine Philosophie: „Ich will herkunftstypische Weine erzeugen, die Boden, Gebiet und die Winzerphilosophie widerspiegeln. Hineinriechen, kosten und als Reaktion: ‚Halt, das ist Eisenberg!‘ Das ist super.“ Christoph Wachter schwört auf alte Rebbestände: „Dreißig bis fünfzig Jahre alte Reben sind perfekt, weil sie dann sehr in der Tiefe wurzeln.“ Je tiefer, desto mineralischer und ausdrucksstärker: „Puristische Weine sind die Zukunft, das macht Spaß, da kommt nichts anderes in Frage.“

Pfeffer im Weinviertel. Stetten liegt nördlich des Bisambergs, hier hat das Weingut Pfaffl seinen Sitz. Roman Pfaffl senior – dereinst völlig zu Recht als „Mister Veltliner“ tituliert – hat die Gutsleitung kürzlich an seinen Sohn Roman Josef Pfaffl und dessen Schwester Heidi übertragen. Bei den Pfaffls prägt vor allem Löss die Weine. Löss ist eine vom Wind herangewehte Bodenform. Er stammt aus den Flussterrassen des Alpenvorlands und wurde während der Eiszeit in den Niederungen, wie hier im Weinviertel, abgelagert. „Für mich fördert der Boden massiv die Würze im Wein, was man vor allem beim St. Laurent merkt. Geht die Würze beim Veltliner in Richtung schwarzer Pfeffer (typisch für die Weine aus der Lage Haidviertel), so ist’s für mich beim Laurent der weiße Pfeffer und auch Minze.“ Wobei natürlich auch der Ausbau mitspielt: „Wir haben früher eher kühl vergoren. Das gibt viel Frucht, aber weniger Würze.“ Seit einigen Jahren wird wärmer vergoren – der Rote spontan –, um die Bodenwürze deutlicher herauszukehren.

Und also sind auch die Veltlinertypen verschieden: „Zeiseneck ergibt sehr fruchtbetonte Weine mit deutlichen Zitruselementen; die Weine vom Haidviertel sind in der Nase verhaltener, am Gaumen aber länger und intensiver, sie brauchen auch zur Entwicklung deutlich länger, ein Jahr sollte man ihnen jedenfalls geben.“ Wichtig ist auch die Begrünung, denn das Wachstum der Rebe soll gedrosselt werden.

Eine eher schwach verbreitete Bodenform ist der Flyschsandstein (Sandstein mit Quarz), der hat nur eine sehr kleine Lössauflage. Die Weine von dort unterscheiden sich massiv von anderen Veltlinern: „Es sind deutlich die mineralischsten. Sie werden extrem spät gelesen, behalten Säure und Tiefe, und sind trotz burgundischem Ausbau noch wirklich würzig.“ Und dann gibt es noch das Goldjoch: „Das ist Löss, der unten sandig-weich ist. Es ist die wärmste Lage, von hier kommt der kräftigste Veltliner, ein mächtiger Wein mit deutlich burgundischen Anlagen.“

Sauvignon am Korallenriff. Südsteiermark und Sauvignon haben auch eine beachtliche internationale Karriere hingelegt. Primus inter pares dürfte bei den Lagen die Zieregg in Berghausen sein, bei den Winzern ist es wohl das Weingut Tement, wo Manfred Tement soeben an seinen Sohn Armin Tement übergibt.

Die Lage Zieregg ist ein Korallenriff. Vor 20 Millionen Jahren ist es im Meer gewachsen. Auf den Kuppen des Korallenriffs ist es ein klassischer Muschelkalkboden, der sich im Laufe der Jahrmillionen weiterentwickelt hat. Oben hat sich lehmige Kalkerde entwickelt. Natürlich ist der Boden stellenweise lehmiger, manchmal kalkreicher, manchmal kommt der Kalkmergel heraus. „Aber wir versuchen, den gesamten Berg als Einheit zu sehen und diese Bodenart, gepaart mit dem klimatischen Einfluss, jedes Jahr herauszuarbeiten.“

„Das Wertigste, was man bei einem Wein haben kann, ist der Herkunftscharakter, also dass man sagen kann, der kommt von Kalk oder Löss oder Schiefer.“ Jeder Boden hat seine Vorzüge und seinen Charakter: „Wir wollen Zitruselemente vom Kalk, die straff-mineralische Struktur im Wein. Insgesamt sollen die Weine animierend sein, schlank, nicht in die Breite gehend, Eleganz ist wichtig.“ Dass es prachtvoll gelingt, beweisen die Resultate der Blindproben jahrein, jahraus aufs Deutlichste.

Die Lage Zieregg geht bis nach Slowenien hinüber. „25 Hektar liegen in Österreich, 20 über der Grenze. Die steirischen Reben sind etwa zwanzig Jahre alt, da kommt eine feine Balance und eine tolle Qualität.“ Die slowenischen sind sieben Jahre alt, „da muss man in feuchten Jahren eingreifen und das Wachstum kontrollieren.“ Die Wurzeln müssen wachsen, denn „junge Reben reagieren wesentlich intensiver auf das Wetter als alte.“

„Früher hatten wir hohe Reife, viel Alkohol und Frucht, aber die Finesse hat darunter gelitten.“ 2005 kam da eine merkliche Umstellung: „Wir lesen bei 19 bis 19,5°KMW, unsere Topweine haben 13 bis 13,5% Alkohol, früher waren es bis 14,5%.“ Die Konsequenz? „Jetzt bringen wir durch Mineralität den Ausdruck der Lage wesentlich klarer in die Flasche.“ Hat das einen Einfluss auf die Lagerfähigkeit? „Ja, bei richtiger Balance spielen zwanzig Jahre keine Rolle, da wird der Wein komplexer und besser. Eleganz ist keineswegs kurzlebig, ganz im Gegenteil.“

Gneis im Kremstal. In Senftenberg, ein paar Kilometer nordwestlich von Krems, arbeitet Franz Proidl auf seiner Lage Ehrenfels hauptsächlich auf Gneis: „Im Wesentlichen geht es darum, dass, sobald die Primärfrucht nachlässt, dahinter der Stein ganz deutlich kommt. Ganz im Gegensatz zu Weinen aus Böden, die schön fette Erträge mit schön fruchtigen Weinen bringen: Dort kommt nach der Fruchtphase gepflegte Langeweile statt Charakter. Denn der Stein ist für den wirklichen Charakter verantwortlich, wenn sich die Primärfrucht verzieht.“ Was logischerweise für große Weine gilt, nicht für die Standardweine, die für raschen Konsum gekeltert werden, aber natürlich auch ihre Berechtigung haben.

Dass ein Wein Charakter bekommt, hängt mit niedrigen Erträgen zusammen. Proidl: „Ich finde, dass niedriger Ertrag durch die Natur deutlich besser gelingt als durch menschliche Eingriffe. Meine guten Lagen, Ehrenfels etwa, haben von Natur aus geringere Erträge, man muss kaum steuern. Andere Böden tragen mehr, und das werden eben die normalen Weine, aber nicht die großen.“ Die Ehrenfels besteht großteils aus Gföhler Gneis, „aber die Burgruine Senftenberg steht auf einer vulkanischen Aufwallung.“ Das merkt man an der Westflanke, die etwa ein Drittel des Bergs umfasst, „dort ist der Boden aus rundem, kompaktem, zähem Stein, nicht kantig wie beim Gneis.“

Was zeichnet einen großen Wein aus? „Zuallererst schöne Alterungsfähigkeit bei schönem Charakter.

In der Jugend ist das kaum vorstellbar, meine Lagenweine mit einem Jahr braucht man nicht probieren. Wirtshäuser mit Weinkarten mit gereiften Weinen sind selten, aber umso feiner, beispielsweise der Floh in Langenlebarn oder das Schulhus in Krumbach im Bregenzerwald.“ Dort hat ihm der Wirt einen Wein hingestellt: „Ich koste Schiefer und tippe auf einen Deutschland-Riesling – dabei war’s mein Pfenningberg, der Schiefer hat gepasst. In der Jugend ist der Wein sehr plakativ und fruchtig, kommt aber im Alter sehr gut, das ist das, was ich mir unter Wein vorstelle, wenn ich an Veltliner und Riesling denke: weniger die Sorte als der Boden, der sich im Wein festschreibt.“

Mineralien im Wiener Nussberg. Fritz Wieninger kennt die Wiener Böden und den Unterschied zwischen dem Nussberg am rechten und dem Bisamberg am linken Donauufer ganz genau: „Die ausgeprägtere Mineralität kommt jedenfalls vom Nussberg. Die Bisambergböden sind im Untergrund ergiebig, der Oberboden Löss gibt etwas weniger Mineralität ab, die Junganlagen am Bisamberg zeigen wenig Terroir. Der Grüne Veltliner aus der Stammersdorfer Lage Herrenholz – die Reben sind vierzig Jahre alt –, der zeigt dann schon ausgeprägte Mineralität.“ Umgekehrt geht am Nussberg echter Stein bis an die Oberfläche. „Der Nussberg ist die berühmteste Lage in Wien, die Nummer eins, der Wein schmeckt ein wenig wie die Südbahnweine.“ Wieso? „Am Nussberg beginnt die geologische Zone, die hinter Gumpoldskirchen endet.“ Der Nussbergboden ist ausgeprägter Kalksandstein, zur Donau hinunter kommt Muschelkalk: „Unten, in der Lage Ulm, da findet man wirklich Muscheln.“

Am Nussberg ist die Mineralität immer sehr ausgeprägt, wobei das Klima natürlich ebenfalls mitspielt: „In Jahren mit niedrigem pH (also hoher Säure) ist sie stärker ausgeprägt als in heißeren Jahren, in denen Frucht und Fülle die Mineralität doch ein wenig überdecken.“ Als „Paradebeispiel von terroirgeprägtem Wiener Wein“ nennt Fritz Wieninger zuerst den Riesling Weißer Marmor vom Mayer am Pfarrplatz. Dann aber kommen seine Weine: der Nussberg Alte Reben und das Rosengartl. Die gibt es teils reinsortig, teils in wiederentdeckter Tradition als Gemischter Satz.

„Der Riesling vom Nussberg wird eben so, dass es tatsächlich wiedererkennbar ist, und das kommt von der Bodenzusammensetzung: Weniger echte Erde als Mineralien, die die Wurzeln aufnehmen und die Aromastruktur entwickeln. Junge Reben mit weniger tief reichenden Wurzeln können weniger aus dem Boden nehmen.“ Was ist das geologisch genau? „Keine Ahnung, ich bin kein Geologe. Aber wenn man so einen Weintyp möchte, dann muss man sich zum Boden hin orientieren, da kann man nichts spritzen und nichts streuen.“

Fritz Wieninger arbeitet nach biodynamischen Prinzipien, „aber nicht, um die Welt zu verbessern, sondern um den Wein besser zu machen.“ Das sorgt für mehr symbiotisches Leben im Boden und bringt ausdrucksstärkere, terroirgeprägte Weine. „Ich habe ein paar Jahre mit dieser Einstellung hinter mir, da fühle ich mich sehr wohl, ich weiß heute mehr denn je, wie man dem Boden seine Aromen entlockt, wie man zu spannenden Weinen kommt. Weg von Primärfrucht und Oberflächlichkeit.“ Mehr Charakter, Tiefgründigkeit und Alterungspotenzial haben jene Weine, die Anschluss an den Boden haben: „Primärfrucht ist vergänglich, Terroir bleibt.“

Halbedelstein aus dem Vulkan. Im südoststeirischen Kapfenstein liegt Georg Winkler-Hermadens Weingut. Sein bekanntester Wein ist interessanterweise rot, wird aus Zweigelt gekeltert und heißt Olivin. Olivin ist ein vulkanischer Halbedelstein, in Österreich ist Kapfenstein die wichtigste Fundstelle, den Namen hat er von der Farbe. „Bei uns ist’s nicht klassischer schwerer vulkanischer Lehm, eher ein leichterer Boden, weil aus einer Basaltstufe entstanden. Es ist hauptsächlich Basalt-Tuff, der zu Stein geworden und dann wieder verwittert ist“. Vulkangestein ist grundsätzlich für Rotwein gut geeignet. Da die Region noch kaum Rotweintradition hat, stellt sich die Frage: Halten sich die Weine? „Ich glaube ja. Wie haben vor zwei, drei Jahren eine Vertikale von zwanzig Jahrgängen gemacht, da waren alle Gäste überrascht, wie gut die Weine nach so langer Zeit dastehen.“ Die Eichenfässer, in denen der Olivin reift, stammen aus eigenen Wäldern vom gleichen Terroir wie die Weintrauben. Seit 2012 ist das Weingut bio-zertifiziert: „Mit dieser Art der Bewirtschaftungs wird das Terroir noch deutlicher, weil man weniger Einfluss auf den Boden nimmt, die Rebe hat den Boden pur, das Terroir sollte noch intensiver herauskommen.“ Es ist ein großer Schritt für die Steiermark wegen der viel höheren Feuchtigkeit durch hohe Niederschlagsraten (was wiederum die Ausbreitung der Peronospora, des falschen Mehltaus, begünstigt), aber: „Wir sehen uns gut heraus und sind da absolut optimistisch.“

Schiefer und Kiesel im Burgenland. Der Seewinkel im nördlichen Burgenland ist für das Burgenland das, was das Weinviertel für Niederösterreich ist: das wichtigste, weil mit Abstand größte Weinbaugebiet. In Frauenkirchen liegt das Weingut von Josef Umathum. Seine bekanntesten Lagen sind Hallebühl (mit rotem Kiesel) sowie auf der anderen Seite des Neusiedler Sees der Kirschgarten in Jois mit Schieferboden.

Umathum ist auf ganz besondere Art mit dem Boden verbunden. Im Weingut hängen Bodenprofile von verschiedenen Lagen. „Für mich ist die Erdverbundenheit des Winzers eine ganz wesentliche Sache: Wie wird ein Boden bewirtschaftet und wie sehr gibt er dann das, was er hat, frei? Ich sehe da eine sehr enge Verbindung: Winzer, die sich das halbe Jahr auf Societypartys bewegen, werden relativ wenig Bodenverbundenheit haben. Für mich perönlich ist dieses Gespür für den Boden und dessen Ausdruck, der sich dann im Wein findet, sehr wichtig.“ Umgekehrt: „Wenn ich kein Gefühl für Boden, Mikroklima und Sorte habe, dann kann ich das auch nicht in meinen Wein hineinlegen. Ich muss nicht täglich eine Handvoll Erde essen, um das zu spüren, aber ich muss immer wieder im Weingarten stehen, um zu fühlen, was da ist, was hat die Erde für eine Strahlkraft, was hat dieser Weingarten für eine Besonderheit: Was man dann eben in den Weinen zum Ausdruck bringt.“ Was kaum bekannt ist: „Es gibt eine Studie der Uni Wien: eine Handvoll Boden kam in einen Filter, klares Wasser wurde durchgespült, dann das Wasser verkostet. In 60% der Fälle gab es eine klare Übereinstimmung von Wasser- und Weingeschmack von diesem Boden.“

In den seltensten Fällen ist ein Weinberg ganz gleich und harmonisch. In der Regel ist es ein Konglomerat, also eine Mischung, dadurch hat der Boden verschiedene Nuancen: „Am Hang sind die Weine feiner, eleganter, am Fuß fülliger und üppiger. Erst die Kombination von beidem ergibt das Besondere, eben Fülle und Finesse. Man weiß es aus Burgund ganz deutlich: die besten Lagen sind die mittleren.“ Wie definiert sich die Mineralität im Wein? „Da wird oft drüber gesprochen. Wie schmeckt man das? Es gibt eine zart salzige Note auf der Zungenspitze, aber nicht in jedem Jahr gleich, in trockenen ist das zurückhaltender.“ Und: „Der Boden muss aktiv sein, sonst kann die Rebe nichts herausholen. Wenn da nur Schiefer ist und sonst nichts, dann kommt kaum etwas, da ist die Mineralität der Glasflasche noch das Deutlichste.“ Aber die Mosel hat doch Schieferböden? „Freilich, aber da werden die Böden bewirtschaftet, die Erosion wird vermieden, das bisschen Erde wird peinlich genau erhalten.“ Ein letztes Wort? „Mineralität ist, mit bloßen Füßen durch den Weingarten zu laufen und den Boden zwischen den Zehen zu spüren.“

Winzer

Weingut Prager
www.weingutprager.at

Weingut Wachter-Wiesler
www.wachter-wiesler.at

Weingut Pfaffl
www.pfaffl.at

Weingut Tement
www.tement.at

Weingut Proidl
www.proidl.com

Weingut Wieninger
www.wieninger.at

Weingut Winkler-hermaden
www.winkler-hermaden.at

Weingut umathum
www.umathum.at