Zeit für Rosé

Der sommerliche Modewein gewinnt zunehmend an Qualität.

Text & Verkostung von Willi Balanjuk

Jedes Jahr mit Frühlingsbeginn wird in monatlichen Abständen die Rosé-Zeit eingeläutet. Sommer und Urlaubsstimmung werden damit nicht nur angedeutet, sondern ein Weinstil wird mit Urlaub und Fernweh verknüpft. Da der weltweite Rotweinkonsum zurückgeht, wird auf der einen Seite die Nachfrage nach Weißwein stimuliert, und auf der anderen Seite versuchen alle Rotweinproduzenten der Welt, verstärkt mit Rosé zu punkten. Sowohl das Bordeaux als auch die Toskana offerieren seit rund fünf Jahren vermehrt Rosé-Varianten. In Österreich war Schilcher als rassiger, säurebetonter Roséwein in den Neunzigern sehr erfolgreich. Seit zehn bis 15 Jahren ist es etwas leiser um diese Weinstilistik geworden. Mit der Entwicklung der Naturweinszene und durch einzelne Betriebe wie das Weingut Strehn, die sich auf Rosé spezialisiert haben, bekommt der farblich von Messing bis Pink angesiedelte Wein vermehrt Aufmerksamkeit. Mit der Schaffung der Rosalia DAC versucht man auch beim Roséwein, den Herkunftsgedanken zu verstärken. Heute findet man in Österreich beim Rosé zum einen den Provence-Stil, der Eleganz und fruchtig-würzige Noten kombiniert. Auf der anderen Seite wird viel Zweigelt als Rosé gekeltert, häufig auch der Saftabzug bei der Rotweinproduktion als Rosé vinifiziert. Des Weiteren experimentieren viele Winzer mit neuen Cuvées und etwas Gerbstoff, um einen sommerlichen, rotweinähnlichen Rosé zu keltern. Der Blaufränkisch steht im Fokus vieler burgenländischer Winzer, und auch das Car­nuntum setzt vermehrt auf diese Rosé-Variante. Blau­fränkisch, St. Laurent, Syrah und Cabernet Sauvignon geben den Roséweinen eine individu­elle Aromatik und lebendige Struktur. Zweigelt unterstreicht die fruchtige Komponente im Wein. Der Ausbau und die Extraktion zielen heute auf balancierte Konzentration ab. Gerbstoff und Länge sind gewollt, und damit kann dieser Wein auch wunderbar reifen. Mengenmäßig liegt der österreichische Roséwein zwischen 3,5 und fünf Prozent der gesamten Weinproduktion. Diese Menge schwankt minimal, und einer der führenden österreichischen Weinhändler sieht eine konstante Flaschenzahl beim Rosé-Umsatz. Österreichische Rosés (4–5 %) und internationale Roséweine (4 %) erzielen einen mengenmäßigen Umsatzanteil von acht bis neun Prozent an den Stillweinen. Der Weinabsatz scheint sehr stark von Marketingaktivitäten und saisonaler Schwankung beeinflusst zu sein.

A la Carte hat eine Rosé-Grand-Cru-Verkostung in drei Kategorien ausgeschrieben:
Die Kategorie Roséweine des Jahrgangs 2023 war mit 103 Weinen von unterschiedlichen Rebsorten und Cuvées am stärksten besetzt. Die Farbe des österreichischen Roséweins wird meiner Meinung nach heller. Man probiert offenbar in Richtung Blassrosa à la Provence zu keltern. Die besten Weine dieser Kategorie vereinen Frucht, Würze und zarten Gerbstoff. Viele Roséweine sind einladend in der Frucht, aber häufig wird versucht, den Wein mit drei bis fünf Gramm Restsüße sehr weich und saftig zu keltern. Die bestgereihten Weine präsentieren sich straff mit offenen Fruchtnoten. Pikante Noten im Abgang verleihen den Weinen viel Trinkanimo.

Die Kategorie Roséweine des Jahrgangs 2022 war mit 17 Weinen sehr variantenreich aufgestellt. Die beiden bestplazierten Weine waren sehr farb-intensiv und mit feinen Gerbstoffen versehen, außerdem waren sie unterschiedlich lang im Holz ausgebaut. Dieser Rosé-Stil verfügt auch über ein gutes Entwicklungspotenzial.

In der Kategorie Roséweine des Jahrgangs 2021 waren immer noch acht Weine präsent. Pia Strehn, die in der Vielfalt ihres Rosé-Portfolios sehr individuelle Roséweine keltert, bietet mit ihrem Lovestory einen straffen, dichten Roséwein am Gaumen, der blind auch für einen Rotwein gehalten werden könnte.

Zusammenfassend bietet der österreichische Rosé eine Fülle unterschiedlicher Stile. Für Fruchtliebhaber eignen sich Zweigelt-geprägte Rosés am besten. Wer mehr Würze und Frucht im Hintergrund präferiert, wird die Vielzahl der Weine bevorzugen, die von Blaufränkisch, St. Laurent, Syrah und Cabernet Sauvignon beeinflusst sind. Da sehr wenig gereifte Roséweine am Markt oder auf den Weinkarten zu finden sind, kann man einzelnen Weinen zwar gutes Potenzial attestieren, aber die Mehrheit trinkt sich in den ersten beiden Jahren am besten. Wir wünschen viel Vergnügen auf Ihrer sensorischen Urlaubsreise! —

Zu den Bewertungen:
1. Kategorie Roséweine 2023
2. Kategorie Roséweine 2022
3. Kategorie Roséweine 2021