Zweigelt – Ein Fruchtcharmeur zeigt Größe
Mit dem Fokus auf älteren Reben und der Herausarbeitung von Lagentypizität bieten immer mehr Winzer Weine mit Spitzenqualität und enormem Reifepotenzial.
Der Zweigelt, eine Kreuzung aus Blaufränkisch und St. Laurent, ist Österreichs meist ausgepflanzte Rotweinsorte und wird auf insgesamt rund 6.500 Hektar kultiviert.
Im Burgenland liefert sich der Zweigelt punkto Rebfläche mit dem Blaufränkisch ein Kopf-an-Kopf-Rennen. So stehen 2.450 Hektar Zweigelt 2.700 Hektar Blaufränkisch gegenüber. In Sachen Verkauf hat, nach Informationen der Winzer und des Weinhandels, aber der Zweigelt die Nase vorn.
Was sind also die Stärken und Schwächen dieser österreichischen Spezialität? In der aufstrebenden Entwicklung des österreichischen Rotweins zeigt der Zweigelt Mitte der 1980er-Jahre erstmals Flagge. Der Zweigelt Ried Hallebühl 1986 bis 1988 von Pionier Josef Umathum spielt in einer eigenen Liga. Dem gegenüber steht der berühmte Blaufränkisch Ried Marienthal von Ernst Triebaumer. Mit den Jahrgängen 1988 bis 1990 werden die Cuvées – Zweigelt mit Cabernet Sauvignon und Merlot – die erfolgreichsten heimischen Weine. Daher wanderten die besten Chargen des Zweigelt fortan mehrheitlich in diese Topweine. Der Erfolg des Zweigelt basiert auf der Fruchtbetontheit der Weine in den guten Basisqualitäten. Er reüssiert mit einladenden Aromen wie Kirsche und Weichsel, die zarten Noten des biologischen Säureabbaus ergeben zudem einen Hauch von Fruchtjoghurt.
In den 90er-Jahren initiiert die Pannobile-Winzergruppe in Gols eine Konzentration auf die österreichischen Rotweinsorten. Zweigelt und Blaufränkisch werden im Burgenland die Cuvée-Partner, auf den Einsatz von Cabernet Sauvignon und Merlot wird mehrheitlich verzichtet. Erst mit der klaren Abkehr von den internationalen Rebsorten zwischen 2000 und 2005 entsteht ein eindeutiger Fokus auf reinsortige Rotweine aus heimischen Rebsorten. Der Blaufränkisch fordert den Zweigelt heraus. Winzer wie Hans Schwarz, Werner Achs und andere reagieren darauf mit Topweinen, die sie aus der Rebsorte keltern.
An der Spitze der Qualitätspyramide finden sich dennoch nur ganz wenige reinsortige Zweigelt-Weine im Angebot. Kann denn aus der Rebsorte kein Spitzenweine erzeugt werden? Die Rotweingeschichte Österreichs hatte in den 90er-Jahren Cuvées mit Zweigelt und internationalen Rebsorten im Fokus. Noch heute wird die Mehrheit der besten Zweigelt-Chargen als Cuvée-Partner verwendet. Der 100-Punkte-A la Carte-Wein Rêve de Jeunesse von René Pöckl ist eine Cuvée aus Zweigelt, Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah. Josef Pöckl, Renés Vater, hat in einem Interview in den 90er-Jahren folgende Aussage getätigt: „Der Zweigelt hat für mich alles, was ein großer Wein braucht: Körper, Farbe und Tannin. Allerdings auch eine intensive Frucht, die Vorsicht bei der Verarbeitung erfordert.“
Zweigelt hat genug Fruchttiefe, Kraft und Potenzial, um reinsortig ausgebaut zu werden, trotzdem unterstützen andere Rebsorten die „Komplexität“ des Weins. Die Fruchttiefe beim Zweigelt benötigt zumindest etwas elegante Holzwürze als „pikanten Kontrapunkt“ zum saftigen und beliebten Fruchtschmelz.
Die neue Entwicklung aufgrund älterer Reben und ausgewählter Rieden schafft ein Bewusstsein und die Verbreiterung des Angebots. Dies geschieht nicht nur im Burgenland. Die Schaffung des Neusiedlersee DAC und der DAC Reserve verstärkt die Präsenz des Zweigelt. Mehr als 150.000 Flaschen Zweigelt Neusiedlersee DAC Reserve sind ein klares Statement der regionalen Bedeutung des gehobenen Zweigelt.
Der Gerbstoff ist bei den Ein-stiegsweinen und klassischen DAC-Varianten samtig und seidig. Erst eine längere Mazeration und Holzgerbstoffe ergeben den engmaschigen, festen Tanninkern. Daher ist der Ausbau von Zweigelt im Holz notwendig, sofern man die vordergründige Frucht erweitern möchte, denn der Zweigelt gewinnt mit Holznoten. Die Haltbarkeit der Weine ist genauso gegeben wie bei allen anderen Rotweinsorten.
Gols gegen Göttlesbrunn, das historische Match um den Zweigelt, hat einen neuen Mitspieler bekommen: Heute steht Andau mit den Winzern Schwarz, Scheibelhofer, Reeh, Jacqueline Klein, Zantho und Thell im Vordergrund, wenn man von der Marktpräsenz der Rebsorte spricht. Was nicht bedeuten soll, dass einzelne Golser Winzer nicht auch unter den besten Winzern dieser Rebsorte sind. Rieden wie der Goldberg, Ungerberg und Salzberg gehören zu den besten Zweigelt-Lagen des Landes. Bei mehreren Verkostungen in den letzten drei Monaten fällt auch die Dichte der jüngeren Winzergeneration in Illmitz auf, die im Rahmen des Neusiedlersee-DAC-Konzepts hohe Qualitäten präsentiert. Die historischen Zweigelt-Pionier-Weingüter Pöckl und Umathum keltern nach wie vor Topweine und gehören zur Elite um diese Rebsorte.
Ist der Zweigelt nun eine große Rebsorte? Diese eingangs gestellte Frage würde ich mit Ja beantworten. Ähnlich wie beim Merlot sind die frühe Zugänglichkeit, die weiche Textur und das samtige Tannin kein Nachteil gegenüber dem Blaufränkisch. Gott sei Dank verfügt Österreich über mehrere eigenständige Toprebsorten – Blaufränkisch, St. Laurent und eben den Zweigelt. Dieser wird in Zukunft durch die Herausarbeitung der Lagentypizität und der älteren Reben mehr individuelle Weine mit enormem Reifepotenzial bieten und die hohe Qualität des österreichischen Rotweins verbreitern.