Stark im Kommen
Weiße Burgundersorten erleben in Österreich einen echten Qualitätsschub. Einige Weine haben dazu noch erfreulich moderate Preise.
Text & Verkostung von Willibald Balanjuk
A la Carte hat eine große Burgunder-Verkostung ausgeschrieben und 412 Weißburgunder, Chardonnays, Pinot gris und Cuvées verkostet.
Chardonnay findet man in Österreich auf rund 1.900 Hektar. Es hat sich vieles verändert – Chardonnay ist nicht mehr nur Burgund. Österreich keltert die Rebsorte vom fruchtbetonten, reduktiven Stil bis hin zu sensationellen Riedenweinen. Die Weine werden im Stahltankausbau bis hin zu Barrique vergoren und gekeltert. Diese Vielfalt macht die Rebsorte enorm erfolgreich. In der Kategorie 2021 Chardonnay/Morillon in der fruchtbetonten „klassischen“ Variante des Jahrgangs waren 60 Weine eingereicht. Im Vorderfeld finden sich „the usual suspects“. Der tolle Jahrgang 2021 hat für -diese Kategorie eine grandiose Grundqualität garantiert, und die Mehrheit der Weine lässt sich wunderbar antrinken.
Die Kategorie 2021 Chardonnay Riedenweine und/oder DAC-Reserven scheint mit 29 eingereichten Weinen relativ klein. Viele weitere Top-Chardonnays werden noch im kommenden Jahr auf den Markt kommen. Doch die bereits gefüllten und verkosteten Weine haben es in sich. Die Holzdosierung gelingt den Winzern immer besser, und die Weine verbinden Fruchttiefe und Konzentration.
Die Kategorie 2020 und 2019 Chardonnay war mit 119 Weinen die größte Gruppe. Sowohl 2020 als auch 2019 konnten auf höchstem Niveau überzeugen. Die Mehrheit der Weine war im kleineren Holzgebinde und unterschiedlich lang auf der Hefe. Dennoch findet man in beiden Jahrgängen noch eine feine Fruchtkomponente, die den österreichischen Chardonnay einzigartig macht. Die Top-Weine sind wunderbare Alternativen zu den mittlerweile „etwas teureren Burgundern“.
Die rund 1.800 Hektar Weißburgunder beginnen in den letzten Jahren durch den verstärkten Ausbau von Riedenweinen, an Image zu gewinnen. Sehr oft als fruchtiger, lebendiger Trinkwein eingestuft, zeigen die besten Pinot blancs sowohl Sorten- als auch Herkunfts-charakter. Da die Rebsorte eine geringe Affinität zu stärkeren Barriquenoten zeigt, ist das Herausfinden der besten Weißburgunder eine Herausforderung.
Die Kategorie Weißburgunder 2021 in der fruchtbetonten, „klassischen“ Variante war mit 53 Weinen vertreten und spannte den Bogen von reduktiv-fruchtigen Stahltankweinen bis hin zu fassgereiften, offenen, fruchttiefen Vertretern. Auch hier hilft der Jahrgang 2021 mit lebendiger Struktur und sehr harmonischem Trinkfluss. Sehr viele Weine haben aber mit etwas zu vordergründigem Fruchtschmelz (meist Restzuckergehalt von 4 g/l oder mehr) zwar einen früh antrinkbaren Charme, sind aber sehr verwaschen in der Aromatik.
Wie schon beim Chardonnay war auch beim Weißburgunder die Kategorie 2021 Weißburgunder Riedenweine und/oder Reserve ein vom Jahrgang begünstigtes Geschmackserlebnis. Die 32 eingereichten Weine überzeugten mehrheitlich mit einem markanten Frucht-Säure-Spiel. Die aromatische Bandbreite zeigt die vielen unterschiedlichen Herkünfte sehr stark.
In der Kategorie Weißburgunder 2020 und älter wurden 61 Weine verkostet. Von mineralisch geprägten Weinen bis hin zu Fassreserven aus dem Jahr 2018. Der große Spannungsbogen und die abwechslungsreiche Aromatik zeigen das Potenzial dieser Rebsorte. Vor allem in den wärmeren Jahrgängen kann der Pinot blanc wie der Chardonnay ein lebendiges Säurespiel garantieren.
Die Kategorie Grauburgunder / Pinot gris / Ruländer / Pinot Grigio war mit 41 Weinen überraschend präsent. Die rund 310 Hektar, die in Österreich ausgepflanzt sind, werden von einigen Spezialisten und Traditionsbetrieben gekeltert. Im steirischen Vulkanland etwa findet man eine höhere Anzahl an Grauburgundern. Da die Rebsorte in der Jugend über eine weniger ausgeprägte Aromatik verfügt, kommen die meisten Weine erst mit etwas Flaschenreife auf den Markt. Die Rebsorte fordert den Weinliebhaber auf, seine Präferenz zu entdecken. Von Barrique bis hin zu Stahltank-Varianten können Grauburgunder aber fast immer als Speisenbegleiter überzeugen.
Last but not least die Kategorie Cuvées. 24 Weine mit unterschiedlichen Kombinationen stellen immer noch eine Herausforderung dar.
Österreich hat beim Rotwein die Cuvées fest ins Herz geschlossen und akzeptiert. Bei Weißweinen tun sich die Cuvées relativ schwer mit der Gunst der Weinliebhaber. Logische und sinnstiftende Antworten darauf gibt es nicht. Vielleicht wird über die Akzeptanz des Wiener Gemischten Satzes auch hier zukünftig ein Weinstil akzeptiert.
Das Resümee der Grand-Cru-Probe ist durch die großartigen Jahrgänge 2021, 2020 und 2019 sehr positiv. Die Qualitäten sind in den letzten fünf Jahren vor allem in der Einstiegskategorie „klassisch-fruchtbetont“ sehr stark angestiegen. In den Top-Kategorien nähern sich die besten Weißburgunder langsam dem Chardonnay an. Der österreichische Chardonnay ist neben den etablierten Rebsorten Grüner Veltiner, Riesling und Sauvignon blanc wahrscheinlich die unterschätzteste, die auch mit dem Aspekt „global warming“ sehr gut umgehen können wird.
Vor allem aber unter dem Gesichtspunkt „Preis/Leistung“ – im Vergleich zum Burgund – findet man in Österreich Weine auf „Grand-Cru-Niveau“ mit „Village-Preis“. —
Kategorien & Bewertungsergebnisse:
- Kategorie 2021 Chardonnay/Morillon,„klassisch”
- Kategorie 2021 Chardonnay Riedenweine und/oder DAC-Reserven
- Kategorie 2020 und 2019 Chardonnay
- Kategorie Weißburgunder 2021, Klassik & Ortsweine
- Kategorie Weißburgunder 2021 Rieden und Reserven
- Kategorie Weißburgunder 2020 und älter
- Kategorie Grauburgunder / Pinot gris / Ruländer / Pinot Grigio
- Kategorie Cuvées