Lokalaugenschein Tops & Flops

sowie Leistungen, die dazwischenliegen. Der A la Carte-Lokalaugenschein präsentiert aktuelle Momentaufnahmen der Gastronomieszene. Deshalb müssen die Wertungen auch nicht mit jenen im Guide A la Carte 2023 übereinstimmen.

Foto von The Amauris Vienna
Text von Florian Holzer

Glasswing
Fine Dining bei der Oper

Man erinnert sich vielleicht noch an das Hotel The Ring des schillernden Scheichs Mohamed Al Jaber, das sich seit 2016 im Besitz eines Luxemburger Fonds befand. Weniger erinnern wird man sich vielleicht an das Restaurant des Hotels namens At Eight – zu unterschiedlich das Küchenniveau im Lauf der Jahre, zu häufige Wechsel der Küchenchefs, zu unpersönlich, zu wenig Profil.

Seit Februar ist jetzt alles anders: Das Haus heißt nun The Amauris, wurde um knapp 30 Millionen vom Immobilien- und Garagen-Multi Johann Breiteneder gekauft, der 50 Millionen Euro in den Umbau investierte, Zimmer, Suiten und Foyer mit 160 Tonnen verschiedenen Marmors verkleiden und einen Pool in den Lichthof setzen ließ und auch beim Restaurant Ambitionen er­kennen lässt: hier ebenfalls reichlich Marmor, ergänzt mit Teilen aus Breiteneders privater Gemälde­sammlung, Blick auf den Kärntner Ring; eine Schanigarten-Terrasse aus edlem Granit ist gerade im ­Entstehen, einen neuen Namen gibt’s auch: Glasswing. Fast ein wenig überraschend erscheint es dann, dass Küchenchef Alexandru Simon vom At Eight übernommen worden ist. Pandemiebedingt hatte der gebürtige Rumäne zwei Jahre Zeit, seine Linie zu entwickeln, und siehe da: Sie fiel recht klassisch aus, also französisch mit mediterranen Akzenten und einem gewissen Hang zur großen Komplikation – die Kunst des Weglassens wird hier weggelassen. Das siebengängige Menü – es gibt nur ein siebengän­giges Menü, was angesichts der ­Nähe von Oper und Musikverein vielleicht doch noch überdacht wird – startet nach diversen Amuses etwa mit fast schon etwas zu subtilem Wolfsbarsch-Sashimi in Buttermilch-Nage mit pannonischem Wasabi, schwenkt mit Kaisergranat mit ­Vadouvan-Hollandaise dann aber zum Glück auf einen aromatischeren Kurs ein (Püree mit Kaviar dazu ­erfreut zwar den Oligarchen, wird vom Gericht aber nicht gebraucht). Die Kerbelknolle war in ihrer Umsetzung als Pâté mit Hafer, Trauben, Nüssen, Chips, Gelees und Schäumchen kaum wiederzuerkennen, ein rosa gebratener Rehrücken auf Sellerie-Baumkuchen mit süß-bitterer Radicchio-Praline, Schwarzer Trüffel und diversen Cremes und Gelees war dann wieder fokussierter. Die Patisserie spielt mit der Kombination süßer, salziger und gemüsiger Komponenten, wie man das heute halt macht – das Ergebnis ist erfreulich und hübsch anzusehen.

Bei der Weinkarte ging man den sicheren Weg, um für jede und jeden etwas dabeizuhaben. Also Château Margaux und Masseto für die Status-Trinker genauso wie ein paar interessante Natural Wines oder – besonders interessant – reinsortige Raritäten aus Alexandru Simons Heimat Rumänien. Da rund um die Oper seit Jahren ja eher ein Fine-Dining-Vakuum herrscht, erfüllt das neue Glasswing hier durchaus seine Aufgabe.

Küche: 4
Atmosphäre: 4
Weine: 4

Glasswing
Kärntner Ring 8, 1010 Wien
T 01/221 22, Di.–Sa. 18–22 Uhr
theamauris.com/de/gastronomie.html

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